Alles neu macht … Sie wissen schon. Hier geht’s zum neuen Lesestoff.

Kurt Prödel – Klapper
Ullstein, 22 €
Wer Coming-of-Age-Romane mag, wird dieses grandiose Debüt von Kurt Prödel lieben: Klapper ist sechzehn und hat die Sommerferien im Sommer 2011 alleine vor seinem Computer verbracht. Am ersten Schultag kommt plötzlich Bär in seine Klasse – und setzt sich neben ihn. Groß, stark und absolut unbeeindruckt von sozialen Normen, ist sie die Einzige, die Klapper, den blassen Nerd mit langen Haaren und knackenden Gelenken, nicht wie einen Außenseiter behandelt. Und genau wie er liebt sie das Zocken. In Bärs Gegenwart fühlt sich Klapper unverwundbar.
Doch während seine Gefühle und ihre Freundschaft wachsen, steuern die beiden auf den Tag zu, der alles verändert. Mit einer ungeheuren Intensität und Sensibilität, aber auch mit sehr viel Sinn für das Komische schildert Kurt Prödel diese so besondere Zeit des Heranwachsens. Diese ambivalente Sehnsucht Dazuzugehören und zugleich nicht mit dem Strom schwimmen zu wollen. Ein Roman, der einen zum Lachen und zum Weinen bringt – also ganz großes Kino. (E.B.)
Candice Fox – Devil’s Kitchen
Suhrkamp, 18 €
Feuerwehrleute – das sind die Helden, die Guten. Aber eben nicht immer. Die australische Queen des Thrillers hat da eine ganz eigene Story auf virtuose Weise ersonnen. Die Crew von „Engine 99“ zählt zu der Elite der Feuerwehr von New York City. Sie haben unzählige Leben gerettet, gewaltige Brände gelöscht und gelten den Bewohnern der Stadt als wahre Helden. Die wissen allerdings nicht, dass die Feuerwehrleute viele dieser Brände selbst gelegt haben, und zwar als Ablenkungsmanöver: Während Chaos und Panik herrscht, plündern sie Banken, Juweliergeschäfte und was sonst fette Beute verspricht. Und wenn ihnen jemand in die Quere kommt, schrecken sie auch vor Mord nicht zurück.

Hier kommt die freiberufliche Ermittlerin Andy Nearland ins Spiel, die sich undercover für das FBI in die eingeschworene Vierer-Crew einschleicht. Sie muss sich in dieser toxischen Männerwelt behaupten, sich Vertrauen erarbeiten und steht dabei stets mit einem Fuß im Grab. Nur bei Ben hat sie das Gefühl, dass sie ihm trauen kann. Deshalb will Andy nicht nur die Feuerwehrleute überführen, sondern auch wissen, was mit Bens Lebensgefährtin und deren Sohn passiert ist. Die beiden sind verschwunden und Ben hat seine Kollegen in Verdacht, sie ermordet zu haben. Wem kann Andy trauen? Ben? Oder ist auch das ein fataler Fehler? Candice Fox hat wieder einen ungewöhnlichen Pageturner erschaffen, den man definitiv nicht aus der Hand legen möchte. (E.B.)

Johanna Swanberg – Sommer ohne Plan
Hoffmann und Campe, 25 €
Cassi ist Leiterin eines sehr erfolgreichen Restaurants in Stockholm. Dabei kommt ihr ihr Perfektionismus zugute, der ihr aber letztlich ein Burnout beschert. Sehr schnell geht es auf der sozialen Leiter Richtung Keller, in dem sie bald haust und deutlich zu viel Wein trinkt. In einer trunkenen Aktion liked Cassi aus unerfindlichen Gründen auf einem Immobilienportal eine Waldhütte in der tiefsten Provinz. Und ehe sie richtig nachgedacht hat, ist sie mit dem Makler im Gespräch und Eigentümerin des uralten Gebäudes. Ebenso unbedacht lässt sie in dem nahegelegenen Dorf das Gerücht stehen, dass sie eine erfahrene Selbsthilfe-Guru sei.
Schon bald stehen immer mehr Nachbar*innen vor der Tür, die Cassis Ratschläge in allen Lebenslagen brauchen. Und ganz gegen ihre Natur lässt Cassi den Dingen ihren Lauf, bis sie auffliegt … Ein wunderbares Buch über den Zauber eines Neuanfangs und zugleich eine sehr witzige Persiflage auf die vielen selbsternannten Expert*innen und Ratgeber*innen in Sachen „glückliches Leben“. (E.B.)
Helge Timmerberg – Bon Voyage
Malik, 22 €
Vor zehn Jahren hat Helge Timmerberg von seinem Vater einen Mercedes Benz geerbt. Seine letzten Worte waren „Bon Voyage“. Eine wahrscheinlich nicht ganz so einfache Vater-Sohn-Konstellation, der eine zu hart, der andere zu weich. Aber der Reiseschriftsteller hat offenbar seinen Frieden gemacht und fährt mit Papas Benz von St. Gallen nach Marokko. Aber ist es wirklich die große Freiheit, mit dem Auto unterwegs zu sein? Darauf ein entschiedenes Jein. Und Timmerberg weiß, seine Leseschaft zu unterhalten. Mit ehrlichen Geschichten, wie es ist, on the road zu sein. Nicht immer toll, wenn man ausgeraubt und mit einem zerstochenen Reifen am spanischen Straßenrand steht.

Aber es ist auch eine Reise voller glücklicher Momente. Timmerberg erzählt von den Düften, dem Licht und der besonderen Atmosphäre des Orients. Von verzweifelten Diskussionen mit Siri und Alexa, und wie es sich anfühlt, wenn man spätabends müde, hungrig und mit voller Blase durch eine fremde Stadt irrt und Google Maps mal wieder halluziniert. Das alles schreibt wohl keiner so gut und eindringlich wie Helge Timmerberg. (E.B.)

Liz Moore – Der Gott des Waldes
C.H. Beck, 26 €
Ein 600-Seiten-Sommerschmöker, der einen als Leser auch auf Langstrecke stets in Atem hält: Es geht um mysteriöses Verschwinden – und das gleich in doppelter Hinsicht. Das Setting: Ein Sommercamp für Jugendliche in den Adirondack Mountains im August 1975. Eines Morgens fehlt die 13-jährige Barbara, sie scheint über Nacht verschwunden zu sein. Eine groß angelegte, geradezu panische Suche im Naturreservat beginnt. Zumal Barbara keine gewöhnliche Camperin ist, sondern die Tochter der betuchten Familie van Laar, der das Camp und die Wälder der Umgebung gehören.
Und was noch rätselhafter ist: Sie ist die Schwester von Bear, dem Jungen, der seit 14 Jahren vermisst wird. Kann es Zufall sein, dass eine Familie zwei Mal von so einem Schicksal betroffen wird? Oder welche Schuld, welchen Anteil hat sie selbst daran? Oder stecken gar die Angestellten dahinter, die für diese Familie hart arbeiten müssen? Liz Moore versteht es ausgezeichnet, die Spannung hochzuhalten. Immer wieder gibt es Cliffhanger, die einen auch die nächsten Seiten wegsuchten lassen. Kein Wunder, dass sich dieser literarische Thriller auch auf der Leseliste von Expräsident Barack Obama wiederfand. (H.O.)
Fernando Aramburu – Der Junge
Rowohlt, 25 €
Jeden Donnerstag macht sich der alte Nicasio auf den Weg zum Friedhof. Er besucht dort seinen Enkel Nuco, setzt sich an sein Grab, erzählt, was in der Welt so passiert und was es Neues in dem kleinen baskischen Örtchen gibt. Nuco kam im Oktober 1980 bei einer Gasexplosion in seiner Schule ums Leben. Ein Trauma, das die Familie generationsübergreifend erfasst hat. José Miguel, der Vater von Nuco, möchte mit der Vergangenheit abschließen und sich der Zukunft zuwenden, die Mutter Mariaje steht immer noch im Bann des Geschehenen. Unterschiedliche Trauerbewältigung – so weit, so gut.

Doch eines Tages verschwindet José Miguel, das Trauma wird aufs Neue dramatisch aufgeladen. Aramburu erzählt aber dennoch nicht von der Panik des Suchens, sondern mehr von der beharrlichen Melancholie des Vermissens. So ist ein bewegender Familienroman entstanden, der eine ganz eigene Poesie des Nachrufe(n)s entfaltet. (H.O.)

Erik Berg – Der Küstenpfad
Limes, 17 €
Vier Frauen und drei Männer, die sich über ein Online-Portal kennengelernt haben, wollen gemeinsam über den Küstenpfad von Wolgast nach Wismar wandern. Unterschiedliche Charaktere sowie verschiedenartige Bedürfnisse treffen aufeinander. Doch auf den idyllischen Dünenwege entlang der Steilküsten und der schönen Ostsee wächst die Gruppe zusammen. Aber dann schleicht sich das Gefühl ein, dass die Wanderer verfolgt werden. Als einer von ihnen ermordet aufgefunden wird, steigt auch das gegenseitige Misstrauen in der Truppe. Zwei Wochen später wandelt die Journalistin Doro Kagel aus Recherchegründen auf derselben Strecke. Sie will herausfinden, was wirklich passiert ist.
Und sie findet allerlei Abgründiges über die Wandergruppe heraus. Aber ist einer dabei, der fähig wäre, einen Mord zu begehen? Erik Berg schreibt flüssig, spannend und zusammen mit der reizvollen Ostseekulisse ist das die ideale Strandkorb-Lektüre. (E.B.)
Megan Miranda – Sieben Stunden
Penguin Verlag, 16 €
Ein Schulausflug mündet in einer Katastrophe. Ein Jahrzehnt ist es her, dass in Tennessee während eines veritablen Unwetters zwei Schulbusse in eine Schlucht stürzten und von den Wassermassen weggerissen wurden. Nur neun Jugendliche überlebten das Unglück. Als sich eine von ihnen wenig später das Leben nimmt, schließen die übrigen einen Pakt: Jedes Jahr wollen sie sich treffen, um jener schrecklichen Nacht zu gedenken, obwohl sie außerhalb dieser Treffen kaum mehr Kontakt zueinander haben. Dennoch ziehen die verbliebenen acht das durch, obwohl diese Gedenkwoche für einige eine schwere psychische Belastung bedeutet.

Am zehnten Jahrestag machen sie die schockierende Entdeckung, dass ein weiteres Gruppenmitglied tot ist. Die Leiche wurde in dem Strandhaus in den Outer Banks gefunden, das ihnen als jährlichen Treffpunkt dient. Aber war es tatsächlich ein Suizid? Und was ist wirklich während des Unwetters vor zehn Jahren geschehen? Warum fühlen sich die Überlebenden schuldig? Seite um Seite enthüllt Megan Miranda die Chronik eines Unglücks, bei dem es keine Gewinner gibt. Das hat Sogwirkung. (E.B.)

Cyril Hare – Der Tote im Wohnzimmer
Lübbe, 13 €
Am Rande Londons liegt das ruhige Wohnviertel Daylesford Gardens. Hier kennt man sich, schätzt Ruhe und Privatsphäre. Das ändert sich, als zwei junge Makler eine grausige Entdeckung machen: Im Wohnzimmer eines kleinen Mietshauses liegt eine Leiche. Der Tote ist niemand Geringerer als der berüchtigte Börsenspekulant Lionel Ballantine, der schon so einige Londoner um ihre Ersparnisse brachte. Was mag ihn nach Daylesford Gardens geführt haben? Und wer verbirgt sich hinter dem sonderbaren Mieter der Immobilie?
Der Fall ist verzwickt – genau richtig für den genialen Ermittler Inspector Mallett, der hier in seinem ersten Fall ermittelt. Der Klassiker aus dem goldenen Zeitalter der Detektivliteratur erschien erstmals 1937 und steht in der Tradition einer Agatha Christie: unaufgeregt, fesselnd und very British. (R.R.)
Olivia Ford – Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
dtv, 13 €
Jennifer Quinn hätte nie gedacht, dass in ihrem Leben noch etwas Aufregendes passiert. Seit fast sechzig Jahren ist sie glücklich mit Bernard verheiratet, und die beiden genießen ihre beschaulichen Tage in einem kleinen englischen Dorf. Mrs. Quinns Leidenschaft ist das Backen, die vielen Familienrezepte gehören zu ihren wertvollsten Erinnerungen, und sie liebt es, Freunde und Familie mit ihren Köstlichkeiten zu verwöhnen. Doch kurz vor dem großen Hochzeitstag mit Bernard ist auf einmal alles anders. Sie fühlt, dass sie noch etwas wagen muss, bevor es zu spät ist.

Heimlich bewirbt sie sich für eine beliebte TV-Backshow und erfüllt sich dadurch nicht nur einen großen Traum, sondern setzt auch alles aufs Spiel. Denn was niemand ahnt: In Mrs. Quinns Leben gibt es ein dunkles Geheimnis, das sie jahrzehntelang gut gehütet glaubte, und dem sie sich nun endlich stellen muss. Ein Roman, der Herz und Seele wärmt – und unbändigen Appetit bereitet.

Peter Dempf – Im Auftrag der Fugger: Der Burgunderschatz
Lübbe, 14 €
Augsburg 1502. Als sie den Inhalt des Beutels betrachtet, den sie einem Herrn abgeschnitten hat, ist die junge Diebin Afra enttäuscht. Statt Münzen beinhaltet er Zeichnungen von edlem Schmuck. Wenig später findet sie heraus: Die Preziosen gehören zum sagenumwobenen Burgunderschatz, der sich in Bern befinden soll. Geschäftstüchtig, wie sie ist, versucht sie, ihr Wissen an eine der reichen Augsburger Familien zu verkaufen. Erst wird sie abgewiesen, dann aber beauftragt Jakob Fugger sie und einen seiner Boten, den Schmuck zu beschaffen.
Afra ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich begibt. Denn auch einige finstere Gestalten sind hinter dem Schatz her, und die schrecken vor nichts zurück.