ALLES KLAR?

Auch empfindliche Nasen dürften nach einer Besichtigung des Bielefelder Klärwerks in Heepen überrascht sein:
Es müffelt, aber längst nicht so stark wie erwartet. Doch bis aus der braunen Brühe, die im Rechenhaus ankommt, wieder klares Wasser wird, das unbedenklich in den Wellbach eingeleitet werden kann, braucht es ein mehrstufiges Reinigungsverfahren.

Wie die meisten Kläranlagen liegt auch das Heeper Klärwerk am Rande der Stadt im Grünen. „Die Kläranlage wurde in den 1970er bis in die 1990er Jahre hinein errichtet. Seitdem wird die Technik immer wieder erweitert und modernisiert. Es ist ein kontinuierlicher Prozess“, erklären Peter Seydel und Robin Wemhöner vom Umweltbetrieb der Stadt mit Blick auf das große Areal. Vom sogenannten Faulturm – ein rund 25 Meter über dem Boden aufragendes eiförmiges Gebäude, das sich noch rund zehn Meter tief in die Erde gräbt und bis zu 7.000 Kubikmeter Klärschlamm fasst – haben wir einen fantastischen Überblick über das gesamte Betriebsgelände. Die vielen Stufen bis in die luftige Höhe des Faulturms zu nehmen, hat sich gelohnt. Aus der Vogelperspektive sind die Bereiche und Becken, die es für die einzelnen Phasen der Abwasserreinigung braucht, gut zu erkennen. Doch spannend ist nicht nur das, was oberirdisch und zumeist sichtbar in den Becken des Klärwerks passiert. Das merken wir, als wir wieder unten stehen und auf dem weitläufigen Gelände von Station zu Station gehen. Immer wieder führen Treppen hinab. Das Gros an Technik – Pumpen, Generatoren und Rohrleitungen – arbeitet nämlich im Verborgenen und bildet ein weitverzweigtes unterirdisches Netz.

Unsere erste Station ist allerdings das Rechenhaus. In dem unscheinbaren rot geklinkerten Gebäude kommt das über einen Schmutzwasserkanal geleitete Abwasser im Klärwerk Heepen an. Und das ist wohl auch schon der unappetitlichste Teil. Bei der mechanischen Reinigung fischt ein „Rechen“ grobe Verunreinigungen wie Hygieneartikel, Toilettenpapier oder Folienschnipsel aus der bräunliche Brühe.
Alle, die Brillen, Ringe oder Portemonnaies im Abfluss haben entschwinden sehen, nimmt Peter Seydel allerdings die Hoffnung auf ein glückliches Wiedersehen. „Das wären absolute Zufallsfunde“, sagt der Abteilungsleiter der drei Bielefelder Klärwerke. Ein immer wiederkehrendes Ärgernis sind in der Branche jedoch Feuchttücher, die sich entgegen aller Behauptungen nicht auflösen. Und man sieht’s auch, denn an dem Rechen, der immer wieder ins Becken eintaucht, hängt so einiges. Das landet aber postwendend und vollständig automatisiert über ein Förderband in einer Mulde. Ein klarer Fall für die Müllverbrennungsanlage. Im sich anschließenden Sand- und Fettfang wird das Abwasser dann von ebendiesen Stoffen getrennt. Und während sich die mineralhaltigen Stoffe am Beckenboden absetzen und entsorgt werden, wird das aufschwimmende Fett in den Faulbehälter gepumpt.

Mit Hilfe von Bakterien, dem sogenannten Belebschlamm, findet dann die biologische Aufbereitung des Wassers statt – unsichtbar unter blau gewölbten Abdeckungen. „Die Mikroorganismen übernehmen auch die Verstoffwechselung der gelösten Inhaltsstoffe“, so Robin Wemhöner. Wenn das gereinigte Abwasser mitsamt dem Belebtschwamm schließlich im Nachklärbecken landet — insgesamt gibt es davon in Heepen vier —, sieht das Abwasser längst viel klarer aus. Hier werden Belebtschlamm und Abwasser voneinander getrennt. Das Abwasser wandert in die Filtrationsbecken, der Schlamm zurück ins Belebungsbecken bzw. der Überschuss in eine der drei Faultürme. Der dort ausgefaulte und später entwässerte Schlamm sieht krümelig trocken aus, riecht weniger und ähnelt optisch Blumenerde. Er wird abgefahren und zurzeit verbrannt. Aus der Asche soll künftig der wertvollste Anteil, der Phosphor, recycelt werden. Ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Also, kein Grund die Nase zu rümpfen.

Jedes Jahr fallen in Bielefeld zwischen 25 und 27 Millionen Kubikmeter Abwasser an. Die Abwasseraufbereitung übernehmen die drei Bielefelder Klärwerke in Heepen, Brake und Sennestadt sowie zwei weitere Verbandskläranlagen außerhalb des Stadtgebietes. Klärwerksführungen sind für Schulen (ab 3./ 4. Klasse Grundschule) und Gruppen nach Absprache möglich Tel: 0521-51-2697.