Kräuterwanderung
Das Timing ist perfekt. „Er hört halt auf mich“, antwortet Heike Dreppenstedt lachend auf die Frage, warum der Holunder sich punktgenau zur Führung von seiner besten Seite zeigt. Die Kräuterwanderung Ende Mai steht unter dem Motto „Holunder & Co. – und ebendieser hüllt sich gerade in weiße Blütenwolken.

Ein imposanter Anblick, doch zum Start der Tour rund um den Blömkeberg lenkt Heike Dreppenstedt die Blicke der elfköpfigen Teilnehmerschar zunächst nach unten. Dorthin, wo ein vielgeschmähtes „Unkraut“ wächst. Anschaulich schildet die Expertin, dass sich hinter der Großen Brennnessel eine wichtige Heilpflanze verbirgt. Die Begeisterung, mit der sie vom hohen Eisen- und Protein-Gehalt der Pflanze sowie ihrer Wirksamkeit bei Rheuma und Arthrose berichtet, steckt an. Genau das ist ihr Ziel. „Ich fand das Wissen, das ich an der Freiburger Heilpflanzenschule erworben habe, so spannend, dass ich es unbedingt weitergeben wollte.“
Seit 2008 bietet die Bielefelderin Kräuterwanderungen zu verschiedenen Themen an – je nachdem, was gerade wächst. Dabei betrachtet sie die Pflanzen sowohl aus mythologischer, naturheilkundlicher als auch kulinarischer Sicht. Die Knoblauchrauke etwa, die am Wegesrand gedeiht, ist essbar. „Und vom Wiesenlabkraut verwende ich gerne die frischen hellgrünen Triebe im Salat oder Quark“, so Heike Dreppenstedt. Das Gänsefingerkraut, dessen Blüten Butterblumen ähneln, interessiert dagegen als Heilpflanze gegen Krampfbeschwerden.

Weiter wandert die Gruppe vorbei an Schlehen – lecker für Likör – sowie Weißdorn und Wildrosen, die früher als dichte Hecken um die Dörfer gepflanzt wurden, um die Wildschweine fernzuhalten. Und in Märchen wie „Dornröschen“ haben sie auch Eingang gefunden. Nicht minder nützlich ist der Spitzwegerich. „Frisch verknüllt auf die Haut gerieben, lindert er Insektenstiche“, weiß die Expertin. Weiter geht es vorbei an Nelkenwurz und Schattenblume bis die Wald- und Wiesenapotheke ein besonderes Highlight zu bieten hat. Heike Dreppenstedt gräbt ein Wurzelstück des Echten Salomonsiegels aus. Das ähnelt mit den aneinandergereihten Segmenten der menschlichen Wirbelsäule. Ein Beispiel für die seit dem Altertum bekannte Signaturenlehre, die besagt, dass das Erscheinungsbild einer Pflanze auf deren Heilwirkung verweist. Ob sich mit dem Salomonsiegel tatsächlich ausgerenkte Wirbel behandeln lassen? Jedenfalls enthält er Inhaltsstoffe, die adstringierend und entzündungshemmend wirken.

Als eher optisches Highlight entpuppt sich das Klettenlabkraut, aus dem einige Teilnehmerinnen flugs Kränze formen. Angeblich soll es als Liebeszauber wirken und den geliebten Menschen an sich binden. Wer daran nicht glauben mag, kann es bei Nieren- oder Blasenproblemen aber mit einem Kaltauszug probieren. So oder so: Nach gut zwei Stunden endet eine kurzweilige Entdeckungsreise, die Lust darauf macht, die heimischen Wildkräuter besser kennenzulernen.
Nach gut einer Stunde Wanderzeit macht die Gruppe umrundet von Holunder halt. Um das Gewächs ranken sich viele Mythen – „Frau Holle“ lässt grüßen – und die Volksmedizin kennt unzählige Anwendungen für Blüten und Beeren. Ob als Erkältungstee, Gelee oder Holunderblütensirup, schnell kursieren in der Gruppe Rezepte und Tipps. Überhaupt sind die Teilnehmenden nicht nur an der Theorie interessiert, sondern probieren die essbaren Pflanzen auch. Etwa den Bärlauch, der im Teutoburger Wald in Hülle und Fülle wächst. Die Zeit, um die Blätter zu ernten, ist zwar schon vorbei, aber die Blütenstiele und die Samenkapseln überzeugen ebenso mit Knoblaucharoma.
Die nächsten Termine
Johanniskraut & Co: 5.7., 14:30 Uhr; 6.7., 10:30 Uhr
Wilde Möhre & Co.: 2.8., 14:30 Uhr; 3.8., 10:30 Uhr
Vogelbeere & Co.: 6.9., 14:30 Uhr; 7.9., 10:30 Uhr