Meistens sind die Eltern schuld. Auch bei Dietmar Hahm haben die Wanderurlaube seiner Kindheit die Begeisterung für die Berge geweckt. „Als Jugendlicher habe ich dann Leute mit Seil, Steigeisen und Eispickel gesehen. Das waren meine Helden, das wollte ich auch“, lacht der 56-Jährige. So kam der Ingenieur und Lehrer zum Deutschen Alpenverein (DAV) Sektion Bielefeld, wo er seit über 30 Jahren auch Touren leitet.

Natalya Kashkovskaya

Ausdauer ist wichtiger als Kraft und Schnelligkeit. Gerade bei langen Touren machen Anfänger leicht den Fehler, mit zu viel Tempo zu starten und sich die Kräfte nicht richtig einzuteilen.

Ähnlich haben es Mark Schröder und Natalya Kashkovskaya erlebt, die beide im Hochtourentreff des DAV aktiv sind. „Ich bin ein Wanderkind“, sagt die Soziologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bielefeld. „Als Siebenjährige war ich erstmals im Altai Gebirge. Der Bergurlaub war immer der Höhepunkt des Jahres. Technisch waren wir zwar nicht so anspruchsvoll unterwegs wie heute in den Alpen, aber die Infrastruktur war anders und wir mussten vom Essen bis zum Zelt alles mitschleppen.“

Doch was genau ist eigentlich der Reiz daran, stundenlang bergauf zu steigen, sich von Felsen abzuseilen oder Gletscher zu überqueren? Am einfachsten zu erklären ist der sportliche Aspekt. „Ähnlich wie beim Laufen werden beim Überwinden von Höhenmetern Glückshormone ausgeschüttet“, sagt Mark Schröder. Der 51-jährige Dipl.-Betriebswirt muss es wissen,
denn er hat schon weit über 100 Berge bestiegen – und dort die oft grandiose Aussicht genossen. Zum Unterwegssein in faszinierenden Landschaften gesellt sich aber noch etwas, das sich schwerer in Worte fassen lässt. „Man lernt nicht nur etwas über Tiere und Pfl anzen, sondern auch über sich selbst“, versucht es Dietmar Hahm. „Die Welt in den Bergen ist nicht so durchstrukturiert wie der normale Alltag, in dem man immer irgendwelchen Zwängen unterliegt. In den Bergen fühle ich mich freier, nicht so eingeengt. Nur die Natur gibt vor, was man macht.“ Ähnlich beschreibt es Natalya Kashkovskaya. „Was mich anzieht, ist, dass man sich auf das Wesentliche konzentriert“, so die 34-Jährige. „Der Fokus ist viel klarer als im Alltagsleben. Es gibt ein Ziel und ich weiß, wie ich es erreichen kann.

Mark Schröder

Neben der passenden Ausrüstung empfehle ich vor jeder Tour, die Wettervorhersage zu studieren und zu schauen, wo auf der Strecke Hütten und Notunterkünfte sind. Aus Sicherheitsgründen sollte man nie allein unterwegs sein. Gruppen haben aber auch den Vorteil, dass man Fahrgemeinschaften bilden und Touren gemeinsam planen kann.

Kein Wunder, dass alle drei so oft wie möglich in den Bergen unterwegs sind. Am häufigsten in den verschiedenen Regionen der Alpen, aber auch in der Hohen Tatra und im Falle von Dietmar Hahm im Himalaya. Die vier Wochen, die er dort mit dem Zelt unterwegs war, zählen zu seinen eindrucksvollsten Bergerlebnissen. Doch egal, welcher Berg ruft: Neben der passenden Ausrüstung braucht es vor allem Training. „Für die Höhenmeter kann man bei uns zwar nicht direkt trainieren“, so Mark Schröder, „aber ich gehe jeden zweiten Tag joggen, um eine Grundfitness und Ausdauer zu haben.“ Natalya Kashkovskaya, die regelmäßig im „DAV alpin zentrum“ klettert, ergänzt: „Es kommt auch ein psychologischer Aspekt dazu, man muss mental zu dieser Leistung bereit sein.“ Überhaupt: Eine gewisse Leidensfähigkeit und die Bereitschaft über eigene Grenzen hinauszugehen, gehören zum Bergsteigen. „Wenn der Gipfel einfach nicht näherkommt, fühlt sich das manchmal an wie die letzten Kilometer beim Hermannslauf“, bringt es Mark Schröder auf den Punkt. „Aber wenn man es geschafft hat, über den Tiefpunkt einer Tour zu kommen und Schwierigkeiten zu überwinden, ist das ein tolles Erfolgserlebnis“, ergänzt Dietmar Hahm.

Gleichzeitig gilt: Trotz bester Vorbereitung kann im Hochgebirge immer etwas Unvorhersehbares geschehen. Warum man auf alpinen Touren niemals allein unterwegs sein sollte, hat Mark Schröder erlebt, als ein anderer Bergsteiger in eine Gletscherspalte stürzte. Zum Glück konnte die Gruppe ihn unverletzt bergen. Natalya Kashkovskayas bislang anspruchsvollste Tour hat sie im Frühsommer aufs Matterhorn geführt. „Der angekündigte Wetterumschwung kam eher als vorhergesagt. Im Schnee hätten wir nicht mehr sicher absteigen können und so mussten wir auf 4.000 Metern in einer Not-Biwakschachtel übernachten.“ Die vielleicht größte Gefahr stellen plötzlich aufziehende Gewitter dar. „Wenn einen das auf einer mit Eisen gesicherten Kletterroute in den Dolomiten erwischt, ist das gar nicht schön“, erinnert sich Dietmar Hahm, „aber später wird eine gute Geschichte daraus.“ ✔

Fotos: Andrzej Ryschka, privat