Unter Verdacht – Alfred Hitchcock: „The Lodger“

Mit kriminalistischem Spürsinn hat die Bielefelder Friedrich Wilhelm-Murnau-Gesellschaft ein hochkarätiges Stummfilmprogramm mit Livemusik-Begleitung zusammengestellt. „Unter Verdacht“ lautet das Motto des Festivals, das vom 24.10.-9.11. die ganze Bandbreite des Themas vom düsteren Schauerdrama bis zur temporeichen Kriminalkomödie durchbuchstabiert. Vorstandsmitglied Christiane Heuwinkel verrät mehr.

Was hat Euch zu dem Thema „Unter Verdacht“ inspiriert?

Das Kino war immer ein Spielplatz der Doppelbödigkeiten.

Die Kamera bietet die Möglichkeit, durch Detailaufnahmen den Focus von der eigentlichen Handlung ab- und auf verräterische Blicke und Gegenstände lenken zu können, so dass eine Spannung zwischen dem Offensichtlichen und dem Verräterischen im „Dazwischen“ entsteht. Die detektivische wie die erotische Spannung und damit der (falsche) Verdacht sind immer schon Movens der Handlung gewesen.

Was macht das Thema „Verbrechen“ damals wie heute so interessant?

In Zeiten der Verunsicherung hat das Verbrechen Hochkonjunktur – in der Realität wie im Film und in der Literatur. Nach den Erschütterungen des Ersten Weltkriegs in wirtschaftlicher, politischer wie moralischen Hinsicht haben Detektive und Gangster, Hochstapler und Verräter Hochkonjunktur. Und Erschütterungen in vielerlei Hinsicht erleben wir zurzeit zuhauf. Vielleicht trägt das zur Aktualität des frühen Kinos bei. Und wenn wir uns selbst fragen, wen wir im Kino mehr lieben: den hellleuchtenden Helden oder den schönen Schurken, sind wir selbst doch erstaunt über unsere Wahl, geprägt von der amoralischen Lust am Unseriösen.

Auf welchen Film freust Du Dich besonders?

Für uns Veranstalter:innen ist das Programm immer auch Premiere: Wir zeigen seltene Filme, die wir selbst noch nicht kennen, aber unbedingt sehen wollen. So freue ich mich besonders auf eine Rarität von Paul Leni: „The Man Who Laughs“ mit Conrad Veidt. Das verzerrte Dauergrinsen, das unserem Helden durch schiere Bösartigkeit mit dem Messer eingeprägt wurde, und ihn zum Außenseiter hat werden lassen, inspirierte die Comicreihe „Batman“ mit seinem Gegenspieler bis hin zu Joaquin Phoenix‘ Maske als „The Joker“ in Todd Phillips Film von 2019: für mich ein Zeichen für die ungebrochene Inspirationskraft des frühen Films.

Nähere Infos zum Programm siehe Einleger und auf www.murnaugesellschaft.de