Die Wege zum Glück sind vielfältig. Aber einer führt ganz bestimmt ans Ziel: andere Menschen glücklich zu machen. Das bestätigt die Forschung und die Erfahrung der Bielefelder*innen, die wir im zweiten Teil unserer Glücksgeschichten vorstellen.

Mustafa Budumlu

RESTLOS GLÜCKLICH

Wer macht hier eigentlich wen glücklich? Wer den Rettermarkt betritt, merkt jedenfalls schnell: Hier sind alle restlos zufrieden. Die Kundinnen, die in lockerer Atmosphäre günstig einkaufen. Aber auch die Mitarbeiterinnen, die nicht einfach nur abkassieren, sondern eine Anlaufstelle im Viertel sind. Die gerne plaudern, informieren, Rezepttipps geben und mit vollem Engagement hinter der Idee von Restlos e. V. stehen.

Mit dem Konzept des gemeinnützigen Vereins sind die Kundinnen des im August eröffneten Ladens am Siggi schon vertraut, denn bereits vor knapp drei Jahren eröffnete der erste Rettermarkt in Schildesche. Täglich bewahrt der Verein über 600 kg Lebensmittel vor der Tonne und bringt sie zurück in den Kreislauf. Mustafa Budumlu hat das Projekt gegen Verschwendung und für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln initiiert. Auslöser war eine Erfahrung während seines Studiums der Erziehungswissenschaften und Soziologie. Durch seinen Nebenjob mit Kochaktionen in Supermärkten zog sich eine Beobachtung als roter Faden: „Es wurde unglaublich viel weggeschmissen“, so der Bielefelder. „Das Thema Nachhaltigkeit hatte niemand auf dem Schirm, auch die meisten Kundinnen nicht.“ Nach dem Studium führte er für eine Stiftung Projekte zum Thema Nachhaltigkeit in Kindergärten und Grundschulen durch. Ein Vorteil für die Vereinsgründung 2019, denn durch die Kooperation der Stiftung mit Edeka kannte er viele Marktleiter.

Längst ist das Netzwerk gewachsen, Restlos e.V. arbeitet mit weiteren Märkten, aber auch mit Landwirten aus der Region zusammen. Und so landen in den Läden zum Beispiel Kartoffeln, die für den regulären Verkauf zu groß oder zu klein wären. Dazu kommen Lebensmittel, die kurz vorm Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder deren Verpackungen beschädigt sind. So finden die Kundinnen im Laden ein breites Angebot von frischem Obst und Gemüse über zahlreiche vegane Produkte bis hin zu Getränken und Kosmetika. Generell gilt bei allen Produkten die Devise: Zahle, was es dir Wert ist. „Aber auf Wunsch der Kundinnen geben wir Preisempfehlungen, die meistens 40 bis 50 Prozent unter dem ursprünglichen Ladenpreis liegen“, so Mustafa Budumlu. Ihm ist es einerseits wichtig, dass sich jeder frisch und gesund ernähren kann. Andererseits möchte er aber auch die Kosten der Landwirte decken.
Die Retterläden sind zugleich das ideale Vehikel, um die sozialen Projekte von Restlos e. V. bekannt zu machen. Der Verein bietet nämlich auch Bildungsprojekte für Lebensmittelwertschätzung, Abfallvermeidung und gesunde Ernährung an. „In interaktiven Einheiten möchten wir Kindern und Jugendlichen vermitteln, welchen Einfluss das aufwendige Produzieren von Lebensmitteln und das eigene Konsumverhalten auf unsere Umwelt hat“, so der Vereinsgründer. Für Aha-Momente kann da eine einfache Aufgabe sorgen. „Wir lassen Kinder zum Beispiel mal selbst sortieren, welche Lebensmittel sie noch essen würden und welche nicht“, so Mustafa Budumlu. Bei 50 kg Lebensmitteln, die sonst für die Tonne gewesen wären, bleiben im Schnitt 40 kg übrig. Und wenn die Kinder dann noch gemeinsam ausprobieren, was sich daraus zaubern lässt, macht das ganz einfach Spaß. „Uns ist diese Arbeit sehr wichtig, denn durch sie ist das Projekt noch nachhaltiger. Wenn wir für das Thema sensibilisieren können, hält das ein Leben lang.“
Auf diesen Effekt setzt auch der Foodtruck, der u. a. auf Festivals unterwegs ist, aber auch jeden Samstag vor dem Laden am Siggi steht. „Dort kochen wir kreative Gerichte aus Lebensmitteln, die zur Weitergabe nicht mehr geeignet sind. So möchten wir über gesunde Ernährung aufklären und zugleich verwerten, was sich nicht mehr verkaufen lässt“, sagt der überzeugte Lebensmittelretter. Der Apfel mit der braunen Stelle landet dann im Smoothie, die Paprika mit der kleinen Delle im Thai Curry statt im Müll.
Eben restlos lecker.
www.restlos-ev.de

Hundesbesuchsdienst des ASB OWL

GLÜCK AUF VIER PFOTEN

Sie sind quasi im ‚Partnerlook‘. Uschi Skilewski trägt ein Polo-Shirt, ihr Berner Sennenhund Henry ein Halstuch des ASB OWL. „An unserer ‚Arbeitskleidung‘ sind wir gleich zu erkennen“, erzählt sie schmunzelnd. Die 70-Jährige besucht mit ihrem Vierbeiner Bielefelder Altenheime und Kitas und sorgt sowohl bei den SeniorInnen als auch bei den Kindern für strahlende und glückliche Gesichter.
„Das macht auch mich glücklich“, sagt sie.

Uschi Skilewski hat 2014 gezielt nach einer ehrenamtlichen Aufgabe gesucht. Bei der Recherche im Internet stieß sie auf den Hundebesuchsdienst des ASB OWL. „Das war für mich die Gelegenheit, meine Leidenschaft für Hunde mit einem Ehrenamt zu verbinden.“ Sie meldete sich bei der damaligen Gruppe, nahm an einem Treffen teil und stellte fest, dass sich diese altersbedingt bereits in Auflösung befand. Uschi Skilewski musste nur kurz überlegen bevor sie sich entschloss, den Hundebesuchsdienst auf neue Beine zu stellen. Sie erarbeitete in Absprache mit dem ASB OWL eine Info-Mappe für potenzielle Ehrenamtliche und eine für Altenheime bzw. Kitas, um das Konzept des Besuchsdienstes vorzustellen.
„Wer sich für das Ehrenamt interessiert, muss zum Beispiel wissen, welche Voraussetzungen an den Hund gestellt werden“, erklärt die Leiterin des Hundebesuchsdienstes.
Der sollte nämlich aus seiner ‚Flegelphase‘ raus, das heißt erwachsen und damit mindestens zwei Jahre alt sein. Eine Ausbildung zum Therapiehund braucht es nicht. Aber künftige Besuchshunde sollten sich auf jeden Fall von Fremden anfassen lassen, nicht geräuschempfindlich oder schreckhaft sein und auf keinen Fall aggressiv reagieren, zuschnappen oder gar beißen. Die Größe des Hundes ist übrigens nicht ausschlaggebend. Denn kleinere Hunde liegen auch mal auf einer Decke, damit ältere und vielleicht bettlägerige Menschen sie streicheln können. „Durch das Streicheln und Schmusen werden die Sinne angesprochen und vor allem Menschen mit einer Demenzerkrankung finden dadurch ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten“, weiß Uschi Skilewski. Darüber hinaus sorgt der Hundebesuchsdienst des ASB OWL im Alltag der Senioren schlicht und einfach für Abwechslung. „Es ist schön zu sehen, dass Henry Herzen im Sturm erobert. Über ihn komme ich mit den Menschen leichter ins Gespräch.“ Sich sozial zu engagieren, ihren Hund einzubeziehen und ganz unmittelbar positive Reaktionen auf ihre Besuche zu bekommen, bestärkt Uschi Skilewski in ihrem Tun. Nachdem sie fünf Jahre ausschließlich in Seniorenheimen unterwegs war, ist sie aktuell mit Henry in einer Bielefelder Kita zu finden.
Dort stehen andere Themen im Fokus. „In Kitas geht es darum, wie man Hunden begegnet, wie ihre Mimik zu deuten ist, aber auch um die Pflege, Ernährung und Verantwortung, die ein Haustier mitbringt. Vor allem sollen Kinder sich etwas trauen und vertrauen“, betont die erfahrene Hundebesitzerin. Und so lässt sich Henry geduldig von den Kindern füttern und bürsten, macht auf Kommando Sitz, lässt sich an der Leine führen oder startet zum Wettlauf mit den Kindern durch. „Die sind dann ganz überrascht, dass er mit seinen neun Jahren schneller ist als sie“, so Uschi Skilewski, die sich jedes Mal freut, wenn Henry – der ein braunes und ein blaues Auge hat – das Eis bricht und ein ängstliches Kind sich dem Hund öffnet.
„Das sind einfach wunderbare Momente! Dass Hunde zu Freunden werden können, ist für viele Kinder neu.“ Vor 45 Jahren zog ihr erster eigener Hund ein. Da ihr der Abschied von ihrem letzten Hund sehr schwer fiel, ist inzwischen Michel bei Familie Skilewski eingezogen, ebenfalls ein Berner Sennenhund. „Das tut auch Henry gut. Er läuft mit dem kleinen Michel über die Felder und der lernt wiederum von dem inzwischen neunjährigen Rüden.“

TIPP: Es werden immer wieder Ehrenamtliche für den Hundebesuchsdienst gesucht: www.asb-owl.de/angebot/rettungs-und-einsatzdienste/besuchshunde