Raum für Lehre & Forschung

Am 24.4. fällt der offizielle Startschuss für die Medizinische Fakultät OWL mit allerlei Politprominenz. Richtig los geht’s dann allerdings erst im Wintersemester 2021/2022, wenn zunächst 100 Studierende in Bielefeld ihr Medizinstudium beginnen. Dringend benötigter Ärzte-Nachwuchs soll in unserer Stadt ausgebildet werden. Viele Experten aus dem Gesundheitsbereich hoffen auf den sogenannten Klebeeffekt, d. h. dass die Studis nach erfolgreichem Studium in der Stadt oder zumindest in der Region bleiben.

DER BAU AN SICH

In den nächsten sechs Jahren sollen neun neue Gebäude errichtet werden, die auf dem Campus Bielefeld südlich des Hauptgebäudes integriert werden. Für deren Finanzierung hatte das Land 465 Millionen Euro zugesagt. Nutzfläche: 33.000 Quadratmeter für Lehre und Forschung.

DAS STUDIUM

Der Modellstudiengang Humanmedizin bereitet die Studierenden fachlich auf die vielfältigen Anforderungen ärztlichen Arbeitens vor. Dabei soll die Perspektive der ambulanten Medizin besonders berücksichtigt werden. Der Studiengang gliedert sich in einen ersten Studienabschnitt mit sechs und einen zweiten Studienabschnitt mit vier Fachsemestern. Im Anschluss folgt das sogenannte Praktische Jahr. Geplant ist anstelle des zentralen Physikums eine physikumsäquivalente Prüfung im ersten Studienabschnitt, wodurch bereits in den ersten Studiensemestern Freiraum für Praxisorientierung und klinische Inhalte entsteht. Das Studium schließt regulär mit dem Staatsexamen nach Ärztlicher Approbationsordnung ab. Schon ab dem ersten Fachsemester werden theoretische und praxisrelevante klinische Inhalte mit den Grundlagenfächern der Medizin verknüpft und ein integratives Lernen ermöglicht.

WARUM DER SCHWERPUNKT „AMBULANTE MEDIZIN“?

Der Erstkontakt mit dem Gesundheitssystem findet in den meisten Fällen in der Praxis eines niedergelassenen Arztes statt. Die Art der Behandlung und die Kommunikation mit den Patienten entscheiden mitunter über den Behandlungserfolg bzw. den weiteren Verlauf der Behandlung und die Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen. Da viele Erkrankungen, die noch vor Jahren einer stationären Aufnahme bedurften, mittlerweile immer häufiger ambulant behandelt werden können, steigt damit die Bedeutung der ambulanten Medizin in der Gesundheitsversorgung. Außerdem wird die Bevölkerung immer älter und daher steht der ambulante Sektor vor der Herausforderung, die wohnortnahe Versorgung langfristig sicherzustellen.

FORSCHUNGS PROFIL

Die Medizinische Fakultät OWL hat sich mit dem Forschungsprofil „Medizin für Menschen mit Behinderungen & chronischen Erkrankungen“ ein Thema von hoher medizinischer und gesellschaftlicher Relevanz auf die Fahnen geschrieben. Allein in Deutschland leben rund 13 Millionen dieser Menschen. Vor dem Hintergrund des demografischen und epidemiologischen Wandels soll auf diesem Wege der unzureichenden Versorgung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen besondere Bedeutung eingeräumt werden. Chronische Erkrankungen und Behinderungen konfrontieren das gesamte Versorgungssystem, von der (Allgemein-)Medizin bis hin zur Pflege, mit komplexen, interprofessionellen Fragen. Die Fakultät folgt daher einem translationalen Ansatz, der neben Grundlagenforschung und klinischer Forschung den Fokus auch auf die ambulante und stationäre Regelversorgung legt. Das Forschungsfeld kann dabei auf den etablierten und bewährten Strukturen und Netzwerken sowohl an der Universität Bielefeld als auch in der Region Ostwestfalen-Lippe insgesamt aufbauen. Zur Stärkung der Versorgungsforschung ist ein Netzwerk von niedergelassenen Praxen in Planung, die als Forschungspraxen gemeinsame Projekte mit der Fakultät realisieren.

DAS CURRICULUM

Der Lehrplan wird aktuell gemeinsam mit mehr als 250 Ärztinnen aus der Region sowie Vertreterinnen anderer Fakultäten der Universität Bielefeld in einem gemeinsamen Prozess entwickelt und gestaltet. Hierzu wurden interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppen gebildet, die sich jeweils einem der Themenblöcke des geplanten Curriculums widmen.

FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE

Das Forschungsprofil „Medizin für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen“ umfasst die Forschungsschwerpunkte „Gehirn – Beeinträchtigung – Teilhabe“ und „Intelligente Systeme – Assistenz – Interprofessionelle Vernetzung“. Beide Schwerpunkte folgen dem Leitgedanken der Interdisziplinarität und bauen auf der Expertise der bestehenden Fakultäten in der Grundlagen- und Versorgungsforschung auf. Weitere wichtige Kooperationspartner sind in diesem Kontext die Kliniken des im Aufbau befindlichen Universitätsklinikums OWL, niedergelassene Haus- und Facharztpraxen und anderen Forschungseinrichtungen.

KOOPERATIONSPARTNER

Das Evangelische Klinikum Bethel, das Klinikum Bielefeld und das Klinikum Lippe haben eine Vertrag mit der Uni Bielefeld unterschrieben. Dieser legt unter anderem Aufgaben, Rechte und Pflichten der Zusammenarbeit fest und regelt das Zusammenwirken bei Ausschreibung und Berufung der klinischen Professuren, die gleichzeitig Chefärztinnen und Chefärzte an den Krankenhäusern sein werden.

ZUKUNFTSMUSIK

Die Fakultät startet mit 100 Studierenden. Ist der Aufbau vollends abgeschlossen – voraussichtlich ab 2025 –, sollen pro Jahr 300 Studis ihr Medizinstudium in Bielefeld beginnen.

Die Universitätsstadt Bielefeld wächst also weiter.