Nachgefragt: Smartphone Chance oder Risiko für Kinder?

Sarah Bollmann

Sie organisiert für Digitalcourage den Bereich Community Organizing und kümmert sich um die Vernetzung und Kommunikation von und mit sämtlichen (Digital-) Couragierten des Vereins im In- und Ausland.

Die Nutzung von Medien, insbesondere Smartphones, wird Kindern und Jugendlichen mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Sie nutzen das Gerät zu Unterhaltungszwecken, zur Kommunikation, Informationsbeschaffung oder Organisation – so wie Erwachsene auch. Verbote und Einschränkungen sind an dieser Stelle eher kontraproduktiv – sie machen die Nutzung erstens nur noch attraktiver und zweitens kann der kompetente Umgang nicht erlernt werden, wenn es nicht genutzt werden darf. Der Schlüssel zu einer mündigen Mediennutzung ist Aufklärung! Die zwei häufigsten Sorgen von Eltern: Übermäßige Nutzung und potenzielle Gefahrenquellen. 1. „Ist mein Kind handysüchtig?“ – Die Antwort lautet in den allermeisten Fällen: Nein. Nur weil ein Kind sich übermäßig mit dem Smartphone beschäftigt, kann noch nicht von „Sucht“ gesprochen werden. Das Smartphone macht einfach Spaß und wer sich an dem Geschehen im Netz beteiligt, kann auf dem Schulhof besser mitreden. Teil einer Gemeinschaft zu sein, ist für die Identitätsentwicklung von Kindern essenziell, um ihre eigene Rolle zu finden und einen individuellen Charakter zu entwickeln. Einige Kinder verlegen ihre Hobbys ins Netz und die schnelle Kommunikation mit anderen, ermöglicht einen Austausch, der ohne Smartphones nicht möglich wäre.

„DER SCHLÜSSEL
zu einer mündigen Mediennutzung ist Aufklärung!“

Das Internet bietet ihnen eine Fülle an Möglichkeiten, um ihren Interessen nachzugehen, selbst kreativ zu werden und sich auszuprobieren. Dass all diese Funktionen und Möglichkeiten in einem Gerät stecken, führt dazu, dass es ungerne aus der Hand gelegt wird. 2. Gefährliche Einflüsse von außen: Die gibt es. Aber wer sie kennt, ist weniger angreifbar. Hier sind verschiedene Faktoren zu beachten, um zur richtigen Zeit über gefährliche Aspekte aufzuklären: Hat das Kind ein eigenes Smartphone? Ist ein direkter Internetzugang möglich? Werden Soziale Netzwerke und Instant Messenger genutzt? Administriert das Kind das Gerät bereits selbst (z. B. Installation von Apps)? Die Funktionen und Inhalte, die das Kind nutzt, sind ausschlaggebender als ihr Alter. Mit der richtigen Hilfestellung zur richtigen Zeit, können Kinder langsam an potenzielle Gefahren herangeführt werden und in einem natürlichen Tempo, den Bedürfnissen angepasst, lernen, Medien kritisch und reflektiert zu nutzen. Aber: Kennen Sie sich ausreichend mit dem Handy aus und können Sie mit Ihrem Kind wirklich offen und ehrlich über das, was es da tut – und vielleicht auch nicht tun soll – reden? Das ist natürlich die Voraussetzung.

Jessica Wawrzyniak

Die Medienpädagogin ist Autorin des Buchs „#Kids#digital #genial – Das Lexikon von App bis .zip“ und leitet die AG Pädagogik bei Digitalcourage.

Die Nutzung eines Smartphones bedeutet: Einen Gebrauch von Telekommunikationsdiensten, eine Nutzung des Internets, einen Gebrauch von Apps, GPS, Bluetooth, Kamera, Mikrofon und vieles mehr. Kinder überschauen nicht, wie viele Datenspuren sie hinterlassen, wer von ihren Daten profitiert und auf welche Art persönliche Informationen missbraucht werden können. Allein das Erkennen, welche Information persönlich und schützenswert ist, bereitet ihnen Schwierigkeiten. Sie tragen kleine Überwachungsgeräte mit sich herum und geben schon in jungem Alter Informationen über sich preis. Das lässt sie mit der Zeit zum gläsernen Menschen werden. Dazu kommen verschiedene Themen, die die Interaktionen zwischen Menschen betreffen, z. B. Cybermobbing, Stalking, Hass und Radikalisierung. Es ist unbedingt nötig, schon früh über Gefahren und Missstände aufzuklären, die bei der Nutzung von Smartphones relevant werden: Technische Aspekte, um zu verstehen, wie Medien und das Internet funktionieren, sollten Kindern schon in der Grundschule nähergebracht werden.

„ Kinder überschauen nicht, wie viele DATENSPUREN sie hinterlassen.“

Wie funktionieren Algorithmen? Wie wird das Auge der Leser*innen im Netz gelenkt (Clickbaiting)? Was sind private Daten und wie funktioniert (personalisierte) Werbung? Sobald Spiele-Apps genutzt werden, sollten sie über die Gefahren von In-App-Käufen aufgeklärt werden. Kinder, die ein eigenes Gerät besitzen sollten Hintergrundwissen zur Administration haben: Was ist ein Browser, was sind Cookies und was hat es mit App-Berechtigungen auf sich? Was ist der wichtige Unterschied zwischen den ähnlich klingenden Wörtern „Update“ und „Upgrade“? Was ist bei der Nutzung von WLAN-Hotspots zu beachten? Sobald Soziale Netzwerke und Instant Messenger genutzt werden, kommen Themen hinzu wie Cybermobbing, Cybergrooming. Sexting und Stalking. Außerdem ist dann Aufklärung nötig über Influencer, die Wirkung von Postings (z. B. von Hatern und Hate Speech) und den sozialen Umgang miteinander. Eltern und Lehrkräfte müssen zusammenarbeiten, um Kindern dieses Wissen zu vermitteln und sie zu digital mündigen Menschen zu erziehen. Wenn an der Stelle geschlafen wird, dann werden wir in einigen Jahren ein riesiges Problem haben und lauter unreflektierte Mediennutzer*innen.