Dürfen wir vorstellen?

Sparrenburg, Olderdissen, Kunsthalle. Schön da. Aber kennt jeder. Doch Bielefeld hat mehr zu bieten als das Offensichtliche. Wir gehen auf Entdeckungsreise. Tief unter die Erde und hoch hinaus – bis in die Weiten des Weltalls.

Luftschutzbunker im Rathaus

Ein beklemmendes Gefühl stellt sich ein. Auch bei mir. Schwere Stahltüren, versehen mit Spionen, geben erst den Weg in die Schleuse und schließlich in die schlauchartigen Luftschutzräume frei. Auf Holzbänken, die sich heute nur noch vereinzelt an den Wänden entlangreihen, harrten Menschen während des Zweiten Weltkrieges aus. 165 Personen bot der Luftschutzbunker zwischen Altem Rathaus und Theater Platz. Anfang 2019 – als er das Immobilienmanagement des Ratskellers übernimmt – erfährt Phillip Albrecht vom Luftschutzbunker. Und ist überrascht.

Der Luftschutzbunker ist jahrelang in Vergessenheit geraten. Auf unseren Grundrissplänen enden die Karten mit dem Alten Rathaus“, so der 35-Jährige, der sich beim Immobilienservicebetrieb der Stadt zurzeit um den Umbau des Ratskellers kümmert. Der Bielefelder forscht nach und stößt im Stadtarchiv auf Grundrisse des Luftschutzbunkers. Einer der beiden Eingänge lag – inzwischen nicht mehr sichtbar – zwischen dem Alten Rathaus und dem Theater.

Der Bielefelder Stadtoberbaurat stellt 1940 fest, dass die vorhandenen Kapazitäten im Ernstfall nicht ausreichen. Es gibt zu der Zeit rund 780 Bunkerplätze im Quartier rund um das Alte Rathaus. Einige in unmittelbarer Nähe. So wie der Bunker Ulmenwall, der als Sanitätsbunker diente und heute eine freier Kulturort für modernen Jazz, Literatur und Kabarett ist. Ein weiterer befindet sich am Niederwall. Er machte beim Ausbau der Stadtbahn Platz für den Stadtbahntunnel. „Der Vorschlag einen weiteren Luftschutzbunker im Umfeld des Rathauses zu bauen, wird angenommen“, erzählt Phillip Albrecht, der sich mit den wenigen verbliebenen Akten zum Luftschutzbunker beschäftigt hat. Zunächst rückt der Ratskeller – hier ist seit 1927 Gastronomie zuhause – als möglicher Ort in den Fokus. Eine Idee, die schnell verworfen wird. „Die Räume liegen zu hoch“, macht Phillip Albrecht deutlich. Stattdessen wird der Innenhof zwischen Altem Rathaus und Theater unterbaut. Die geschätzten Kosten liegen bei 70.000 Reichsmark. Die Akten dokumentieren auch, dass die Beschaffung der Rohstoffe schwierig ist. Sie werden zugeteilt. „Für mich ist es spannend zu sehen, wie Verwaltung zu der Zeit gearbeitet hat“, stellt der 35-Jährige fest. „Und dass man sich damals bereits über eine mögliche Nachnutzung Gedanken gemacht hat. Angedacht, aber nie umgesetzt, waren Kegelräume.“ 2,50 Meter unter der Erde. 77 Zentimeter starke Außenwände. 310 Quadratmeter Fläche. Konzipiert ist der Luftschutzbunker mit zwei Schleusenbereichen und sechs Toiletten für 165 Menschen. Verteilt auf drei schlauchartige Schutzräume von etwa 20, 17 und 22 Meter Länge sowie zwei kleinere Nebenräume. Die zum Teil erhaltenen Bänke und Schriftzüge sind stumme Zeitzeugen. „Im Großen und Ganzen sind die Räume – bis auf wenige Veränderungen – so wie sie waren“, unterstreicht Phillip Albrecht.

Gebaut für die Beamten und Beamtinnen des Rathauses sowie deren Besucher. Zugang zum Tunnel gab es über zwei Schleusen, einmal über den Eingang im Innenhof, eine anderer direkt über die Katakomben des Alten Rathauses. „Sie dienten auch dazu, Leute abzuweisen. Denn allein das Rathaus hatte damals 300 Beschäftigte und man rechnete zusätzlich mit rund 100 Personen, die im Rathaus verkehrten“, schlussfolgert Phillip Albrecht anhand der Akten. Ab wann der Luftschutzbunker genutzt wurde und wie teuer der Bau tatsächlich gewesen ist, lässt sich nicht nachvollziehen. Dass er bei Fliegeralarm genutzt wurde, davon geht Phillip Albrecht aus. Erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich, war der Luftschutzbunker übrigens Ende August zum Tag der Offenen Rathaus-Türen. „Das war für uns eine einmalige Chance, denn der Umbau des Ratskellers beginnt demnächst und soll 2021 im Frühjahr eröffnet werden“, so Phillip Albrecht.

Wussten sie dass..

… am Ortsrand von Bethel ein technisches Denkmal steht? Der 1932 gebaute, größere der beiden Gaskugelspeicher ist ein echtes Unikat.

… die Unistraße mal unter der Uni lang führen sollte? Dieses Vorhaben scheiterte, denn die Messgeräte der Physiker wären durch den Verkehr gestört worden

… im Mai 2017 bei Ausgrabungen am Alten Markt 2.700 Jahre alte Tonscherben gefunden wurde? Für Archäologen waren sie ein wichtiger Hinweis darauf, dass der heutige Alte Markt bereits im ersten Jahrtausend vor Christus besiedelt war.

… in der Nähe des Senner Hellwegs die Mordsteine liegen? Die kleine Gedenkstätte erinnert an eine grausame Familientragödie.

Volkssternwarte Ubbedissen

Nächster Stopp: Sternwarte. Dass es diese Haltestelle gibt, wissen noch längst nicht alle Bielefelder. Dabei ist es genau die richtige Station, um von Bielefeld aus nicht einfach nur die Welt, sondern das Weltall zu entdecken. Einer, der hier regelmäßig aussteigt, ist Björn Kähler. Seit 2006 leitet der 41-Jährige die Volkssternwarte Ubbedissen. Mit einer Mission: sein Wissen und seine Begeisterung für Astronomie mit anderen Menschen zu teilen.

Mein Anspruch ist, dass jeder Laie nachher mit neuem Wissen rausgeht. – Björn Kähler

Woher seine eigene Faszination stammt, kann der gebürtige Bielefelder nicht wirklich erklären. Sie war einfach da, lange bevor er überhaupt verstehen konnte, was sich hinter Begriffen wie „Lichtjahr“ oder „Mondfinsternis“ verbirgt. „Meine Eltern sagen, dass ich schon als Kleinkind den Mond bestaunt habe“, verrät Björn Kähler. „Als Teenager habe ich ein Fernrohr geschenkt bekommen und aktiv mit Beobachtung und Fotografie angefangen.“ So landete er beinahe zwangsläufig bei der Arbeitsgemeinschaft „Astronomie“ des Naturwissenschaftlichen Vereins Bielefeld, die sich um den laufenden Betrieb der Sternwarte kümmert.

Bis heute reizt es ihn, dass wir einerseits verstehen und exakt berechnen können, wie weit entfernt, groß oder heiß etwa ein Planet ist, andererseits aber mit unvorstellbaren Größen hantieren. „Das Licht der Sonne, das wir aktuell sehen, ist acht Minuten alt. Und wenn wir nachts in den Himmel schauen, beobachten wir Dinge, die Millionen von Jahren zurückliegen. Ich kann mit den Zahlen hantieren“, lacht Björn Kähler, „aber wirklich vorstellen kann ich mir vieles auch nicht.“ Obwohl es anspruchsvoll ist, komplexe Zusammenhänge allgemeinverständlich rüberzubringen, hält der ehrenamtliche Leiter der Sternwarte gerne Vorträge. „Mein Anspruch ist, dass jeder Laie nachher mit neuem Wissen rausgeht.“ Deshalb gefällt ihm auch der etwas antiquiert klingende Begriff „Volkssternwarte“ so gut. „Wir sind kein wissenschaftliches Institut, sondern eine Sternwarte für jedermann.

“ So gibt es hier unter anderem öffentliche Beobachtungsabende, an denen mit den großen Teleskopen Sonne, Mond und Planeten genauer betrachtet, aber auch weit entfernte Objekte wie Gasnebel, Galaxien und Sternhaufen entdeckt werden können. Auf der Dachterrasse werden „große“ Zusammenhänge wie die Orientierung am Himmel und Sternbilder gezeigt. Besonders rege ist das Interesse natürlich bei Ereignissen wie der letzten Mondfinsternis oder beim großen Themenabend zu „Apollo 11“. Mit der dunklen Jahreszeit bricht für alle (Hobby-)Astronomen eine spannende Zeit an. „Der Wintersternenhimmel ist sehr reizvoll, weil dann bei uns die meisten hellen Sternenbilder zu sehen sind“, weiß Björn Kähler. So taucht jetzt das typische Wintersternbild Orion auf. Aber auch ein deutlich selteneres Ereignis steht bevor: Am November lässt sich – mit Teleskop – ein Merkurtransit beobachten. Da der Lichtsmog in Ubbedissen vergleichsweise gering ist, gelingen aber auch ohne technische Hilfsmittel beeindruckende Beobachtungen. „Ich bin immer wieder überrascht, wie gut der Sternenhimmel hier sichtbar ist. Man kann hier die Milchstraße mit bloßem Auge sehen“, freut sich Björn Kähler. „Das ist nicht in jeder Sternwarte möglich.“

http://www.volkssternwarte-ubbedissen.de

Termine: 11.10. & 8.11., jeweils 20-22 Uhr, Beobachtungsabend (nur bei wolkenlosem Himmel) 13.12., 20 Uhr, Vortrag: Der aktuelle Sternenhimmel und Neues aus Raumfahrt und Forschung

Westfalen im Mondfieber

„Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.“ Mit diesen berühmen Worten beschrieb der amerikanische Astronaut Neil Armstrong, dessen Vorfahren aus Ladbergen in Westfalen stammten, am 21. Juli 1969 den Moment, als der erste Mensch einen Fuß auf den Mond setzte. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe erinnert 50 Jahre später unter dem Motto „Sommer 1969 – Westfalen im Mondfieber“ daran. Die Wanderausstellung zeichnet die historischen und politischen Entwicklungen mit dem spektakulären Wettlauf zwischen den beiden Großmächten USA und Sowjetunion nach, gibt technisch-naturwissenschaftliche Einblicke und arbeitet auf, wie die Mondlandung in Westfalen aufgenommen wurde. Begleitend zur Sonderausstellung gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm. So erklärt Sternwarten-Leiter Björn Kähler am 15.11. in einem Multimedia-Vortrag die technischen Hintergründe der Mondlandung. 3.11.-26.1., namu

Wussten sie dass..

… mitten im Teutoburger Wald die Überreste eines Franziskanerklosters liegen? Das Jostbergkloster war einst Pilgerstätte für Eremiten.

… ein jüdischer Friedhof existiert? Er liegt neben dem Johannisfriedhof und kann bei besonderen Führungen besucht werden.

… in Bethel 1944 im Zionsberg ein Luftschutzstollen entstand? Bis zu 2.000 Menschen sollten sich in ihn flüchten.

… einst Gips abgebaut wurde? Die Stollen ziehen sich im Osten der Stadt unter dem Fuß des Teutos her. Spätfolgen sind Bodenabsenkungen rund um das ehemalige Bergwerk.

… Wein angebaut wird? Die Winzerschen Gärten auf dem Johannisberg, deren Geschichte bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht, wurden wiederbelebt und im Juni 2014 neu eröffnet.

Bielefeld entdecken

Stadtführungen

Selbst „Einheimische“ können bei den Stadtführungen der Bielefeld Marketing Neues erleben. Vom Kiez bis in die Kasematten gibt es einiges zu entdecken. Infos unter www.bielefeld.jetzt/stadtfuehrungen.

Stadttheater

Schnürboden, Tischlerei, Kostümfundus: Bei regelmäßigen Führungen ist ein spannender Blick hinter die Kulissen erlaubt. Nächster öffentlicher Termin: 23.11., 14 Uhr. Darüber hinaus können Gruppen ab 12 Personen Führungen buchen unter Tel. 516410 oder Katharina.vondemBussche@bielefeld

Müllverbrennungsanlage

400.000 Tonnen Abfall können jährlich verbrannt werden, Strom und Fernwärme werden erzeugt. Mehr darüber erfahren BesucherInnen der Betriebshofbesichtigung der MVA. Termin: 5.12., 10 Uhr. Anmeldung unter Tel. 512222 oder www.vhs-bielefeld.de.