„Wenn er auf dem Kesselbrink unterwegs ist, ist sein Rucksack stets dabei. „Daran erkennt man mich“, sagt Gabriel Gerber, der in Bielefeld als Streetworker arbeitet. Er ist einer von zwei Streetworker*innen vom städtischen Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention.

Das Team unterstützt Menschen, die sich in herausfordernden Lebenssituationen befinden. Menschen am Rand unserer Gesellschaft – oft perspektivlos, einsam, wohnungs- und obdachlos, mit Fluchterfahrungen, psychisch erkrankt oder mit einer Suchterkrankung.

Im Oktober 2020 fiel der Startschuss für das Projekt „Kommunales Streetwork“. Ende 2022 lief es aus. „Aber wir haben bereits im Sommer 2022 eine Empfehlung in die Politik eingebracht, wie mit dem Streetwork in Bielefeld weitergemacht werden könnte“, erklärt Gabriel Gerber. Und so gibt es seit Anfang dieses Jahres ein Kooperationsmodell, bei dem die städtischen Streetworker*innen und die freien Träger – neben Bethel. regional u. a. die Diakonie mit der Bahnhofsmission, aber auch das Drogenhilfezentrum (DHZ) – ihre gemeinsame Arbeit erweitern. „Das läuft auf allen Ebenen super! Wir haben uns auf gemeinsame Ziele verständigt, spannen das Hilfenetz enger, nutzen Synergien und verkürzen die Wege durch den kurzen Draht untereinander“, macht der Sozialarbeiter deutlich.

Die städtische Sozialraumarbeit legt einen besonderen Fokus auf junge Erwachsene, um speziell auf deren Bedarfe und Situationen eingehen zu können. Sie zeichnet sich durch ein niedrigschwelliges Setting aus, ist unverbindlich und kostenlos. Als geschützter Rückzugsraum für Beratungsgespräche steht ein Raum im Grünen Würfel auf dem Kesselbrink zur Verfügung. „Wir sind das erste Glied in der Kette der Hilfeleistungen“, erklärt der 25-Jährige, der Soziale Arbeit und Diakonik an der Fachhochschule der Diakonie in Bethel studiert hat und jetzt berufsbegleitend in Münster seinen Master macht. Innerstädtische Plätze wie der Kesselbrink, der eigentlich aus vielen einzelnen Begegnungsräumen besteht, wo viele unterschiedliche Menschen zusammenkommen, sind für ihn Orte, wo er viel über die Bedürfnisse und Problemlagen der Menschen auf den öffentlichen Plätzen erfährt. Dazu gehören junge Menschen, die versteckt wohnungslos sind, weil sie beispielsweise als Careleaverinnen oder Couchsurferinnen mangels einer Anschlusslösung aus dem System der Jugendhilfe gefallen sind. „Wir suchen den Kontakt, denn unsere aufsuchende Sozialarbeit lebt von Beziehungen.

Aber wir sind nicht nur Ansprechpartner* innen für die Hilfesuchenden, sondern für die gesamte Stadtgesellschaft“, erklärt er. Lösungen auf struktureller Ebene für ein positives soziales Miteinander in Bielefeld zu entwickeln, ist Ziel der Streetworker*innen. Dafür braucht es eine gute Portion Beharrlichkeit. „Auch um Projekte, wie das Müllprojekt auf dem Sonnendeck, anzustoßen, bei dem die sich dort aufhaltenden Personen für Sauberkeit sorgen“, so Gabriel Gerber. Verschiedene Lebenswelten der Stadtgesellschaft zusammenzubringen, dient dem besseren Verständnis.

Davon ist er überzeugt. „Wenn man sich kennt, sich austauscht und akzeptiert, verringert dies das Fremdheitsgefühl.“ Und so braucht es Dialog und Begegnung, um langfristig nachhaltige Lösungen für ein gutes Miteinander zu entwickeln und Konfliktsituationen zu entschärfen. Formate wie das „Platzpalaver“ und ein Impulstag unter dem Motto „Miteinander und Nebeneinander – verschiedene Lebenswelten der Bielefelder Stadtgesellschaft“ sorgten im letzten Jahr bereits für einen Austausch, weil die Zielgruppe der sozialen Arbeit mit Anwohnerinnen und Geschäftsinhaberinnen des Kesselbrinks zusammenkam. „Es muss nicht immer ein Miteinander sein, auch ein Nebeneinander funktioniert, nur ein Gegeneinander nicht“, macht Gabriel Gerber deutlich, der die Stadtgesellschaft auch für Menschen sensibilisieren möchte, die sonst keine Lobby haben. Und so liefert der Podcast „Streetcast Bielefeld“ Interessierten Insights und Aufklärung, während der Arbeitskreis Streetwork, der kurz nach Projektstart initiiert wurde, alle aufsuchenden sozialen Einrichtungen in Bielefeld mit ins Boot nimmt.