STUDIEREN WELTWEIT

Während der Corona-Pandemie im Ausland studieren – geht das überhaupt? Ja, aber es ist natürlich einiges anders. Zwei Studierende erzählen von ihrer Entscheidung und ihren Erfahrungen. Sie sind gut angekommen.

Auslands-Studium: Abflug Richtung Sardinien

Amelie Donicht

Eins ist klar: Ihr Gepäck ist dieses Mal auf zwei Koffer beschränkt, wenn sie den Flieger gen Sardinien besteigt. Das war bei ihrem Auslandssemester in den Niederlanden anders. Da konnte das Auto vollgepackt werden. Aber auch das dürfte für Amelie Donicht kein Problem sein. Schließlich ist es ihr vierter Auslandsaufenthalt in fünf Jahren – wenn auch unter Corona-Bedingungen. „Man erkennt auf jeden Fall eine leichte Tendenz“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

Die 27-jährige Bielefelderin, die International Business Management an der Fachhochschule Bielefeld studiert und gerade ihr erstes
Mastersemester abgeschlossen hat, zieht es in die Welt. „2016 bin ich kurz nach Abschluss meiner Ausbildung zur Bankkauffrau nach London gegangen“, erzählt sie. Zurück in Bielefeld verdiente sie sich den nächsten Auslandsaufenthalt: ein halbes Jahr Australien. „Dass ich während meines Bachelor-Studiums auch ein Auslandssemester eingeplant habe, war dann gesetzt“, macht Amelie Donicht deutlich, die es dann – wie gesagt –nach Rotterdam in die Niederlande zog.

Sich mit der jeweiligen Landessprache vertraut machen, eine geeignete Unterkunft finden – diese organisatorischen Dinge geht Amelie Donicht längst unaufgeregt routiniert an. Ihr Italienisch – sie hatte bis zum Abi drei Jahre Unterricht – frischt sie zurzeit auf und paukt Vokabeln und Grammatik. Eine WG ist ebenfalls längst gefunden. Angst, keinen Anschluss vor Ort zu finden, hat sie nicht. „Es wird zwar keine Welcome Week mit Party geben, aber Kontakte werde ich knüpfen können“, so die Bielefelderin, die auch schon über die Studentenorganisation der Uni in Cagliari ihren Buddy kennengelernt hat. „Das ist gut, auch um mit den lokalen Covid-19 Bestimmungen up to date zu sein, denn die offiziellen Webseiten dazu sind nur auf Italienisch“, erklärt die Studentin, die an der FH Bielefeld selbst Ansprechpartnerin für das Buddy-Programm ist.

RUND 26 MILLIARDENEURO

STEHEN ALS GESAMTBUDGET VON 2021-2027 FÜR ERASMUS+ ZUR VERFÜGUNG.

Die Entscheidung für die Universita Degli Studi Di Cagliari, sie ist eine der Partneruniversitäten der FH Bielefeld, fiel ihr leicht. Nicht nur, weil die Mittelmeerinsel bereits mit frühlingshaften Temperaturen lockt. „Ich finde die italienische Sprache und Kultur reizvoll und für den Master standen vier Unis zur Auswahl. Ich hätte noch einmal in die Niederlande gehen können, aber da hat es mich doch mehr gereizt, ein neues Land zu erleben.“ Die Frage, ob sie unter Corona-Bedingungen von zuhause ein Auslandssemester machen sollte oder ins Ausland gehen könnte, beschäftige Amelie Donicht lange. Vor allem mit Blick auf die im Winter drastisch gestiegenen Covid-Zahlen auch in Italien. „Ich hatte zwar immer ein gutes Bauchgefühl, aber es war trotzdem die schwierigste Entscheidung. Jetzt bin ich sehr glücklich damit, dass ich gehe“, sagt sie mit Blick auf die Buchung ihres Fluges.

Ihren Arbeitgeber hat Amelie Donicht, da sie als Werksstudentin arbeitet, bereits sehr frühzeitig in ihre Pläne einbezogen. „Er hat mich die ganze Zeit über bestärkt und unterstützt“, so die Studentin, die in Cagliari ein Hybrid-Semester erleben wird – mit Online- als auch Präsenzvorlesungen. „Ein Auslandsaufenthalt hält immer mal Hürden bereit, aber ich würde mich immer wieder dafür entscheiden“, lautet schon jetzt ihr Resümee. „Die eigene Komfortzone zu verlassen, ist eine super Erfahrung und eine Bereicherung – auch in diesen Zeiten!“ Auch oder weil die Welt immer globaler wird.

Fachhochschule Bielefeld

50 YEARS OF FUTURE

Eine bildstarke Illumination läutete im Januar am Campus Bielefeld das Jubiläumsjahr der Fachhochschule Bielefeld ein. „Mit dem Motto ‚50 Years of Future‘ wollen wir unser Streben nach Zukunftsfähigkeit in allem, was wir tun, verankern“, so FH-Präsidentin Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk. Und so steht die Jubiläumsleitlinie „50 Jahre Zukunft“ stellvertretend für das Profil und den Anspruch der FH Bielefeld, im Bereich Lehre und Forschung den Anwendungsbezug für gesellschaftlich relevante Themen in den Fokus zu rücken. Heute studieren über 11.000 Menschen an den FH-Standorten in Bielefeld, Minden und Gütersloh – E-Learning und Digitalisierung sind nicht erst seit Covid-19 wichtige Themen und spiegeln sich auch in Formaten wie einem Digitalisierungs-Kongress. Er ist Teil der International Week, die vom 3. bis 7. Mai vollständig digital stattfindet. Bereits zum dritten Mal werden Gastdozierende von (Partner-) Hochschulen aus aller Welt für eine Woche mit internationalen und interkulturellen (Lehr-)Veranstaltungen sorgen. Zudem gibt es ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm. Die diesjährige E-Learning Conference am 6. Mai legt dann unter dem Motto „Teach Online – Study Abroad“ einen
chwerpunkt auf Projekte und Good Practices zum Themenbereich Internationalisierung und Digitalisierung. Am 24. und 25. September findet schließlich unter dem Jubiläumsmotto „50 Jahre Zukunft – 50 Years of Future“ eine für die Öffentlichkeit zugängliche Jubiläums-Ausstellung statt.

www.fh-bielefeld.de/hochschule/50years/highlights

In Bielefeld gelandet

Emre Kiymak

Andere Kulturen kennenzulernen, das ist Emre Kiymaks Leidenschaft. Er hat sich „trotz Corona“ für ein Auslandssemester an der Fachhochschule (FH) Bielefeld
entschieden. Eigentlich studiert er an der Türkisch Deutschen Universität in Istanbul „International Business Management“. Dort hat er seinen Bachelor gemacht und ist nun für seinen Master nach Bielefeld gekommen. Trotz Online-Semester fühlt er sich gut angekommen.

Das liegt vielleicht auch daran, dass er Bielefeld kennt. Aus nicht Corona-Zeiten. Bereits 2018/19 konnte der 24-Jährige durch das
Mevlana-Austauschprogramm zwei Semester in Bielefeld absolvieren. Das hat ihm so gut gefallen, dass er dies für den Master unbedingt noch einmal wiederholen wollte.

Bielefeld hatte einen guten ersten Eindruck bei ihm hinterlassen. „Die Menschen hier sind sehr freundlich und warmherzig“, stellt er fest. Und auch sonst punktet die ostwestfälische Metropole bei dem gebürtigen Istanbuler. „Istanbul ist eine tolle Stadt, aber eben mit 16 Millionen Einwohnern, entsprechend viel Lärm und Trubel sowie hoher Luftverschmutzung. Und allein um zur Uni zu kommen, benötige ich zwei Stunden, hier sind es 10 Minuten“, so Emre Kiymak, der das Grün der Stadt schätzt und gern im Teuto spazieren geht. Auch etwas, was er in seiner Heimatstadt vermisst.

Das International Office hat ihn bei der Organisation seines Mastersemesters unterstützt. „Ich hatte Ansprechpartner, die mir bei der Suche nach einer Wohnung im Studentenwohnheim geholfen haben und mich mit wichtigen Infos zu Themen wie Einreise unter Corono-Bedingungen – notwendig war ein aktueller negativer Corona-Test – oder bei Formalitäten und Behördengängen und Finanzen unterstützt haben“, erklärt der 24-Jährige.

Im Vergleich zu seinem letzten Bielefeld-Aufenthalt ist jedoch einiges anders. Statt Präsenzvorlesungen sind Online-Seminare angesagt. Die DozentInnen sind aber immer erreichbar. „Persönliche Treffen sind natürlich besser, aber die FH bietet eine gute Infrastruktur für die Online-Lehre. Und die Qualität der Lehre ist im Vergleich zur Türkei ebenfalls besser.“ Was fehlt ist der direkte Kontakt zu anderen Masterstudierenden. „Das ist momentan ja überall so, man muss eben das Beste aus der Situation machen. Wir arbeiten für Präsentationen in Gruppen zusammen, aber haben uns natürlich noch nie persönlich gesehen. Viele von ihnen sind auch gar nicht in Bielefeld vor Ort.“

Da er Bielefeld schon ohne Covid-19 erlebt hat, hofft er auf eine baldige Besserung der Situation. „Beim letzten Mal habe ich das NRW Semesterticket ausgiebig genutzt“, sagt er begeistert. Neben vielen Städten in NRW reiste er durch 15 europäische Länder. „Ich liebe es neue Kulturen kennenzulernen“, unterstreicht Emre Kiymak. Daher hat er sich – statt nach dem Semester in die Türkei zurückzukehren – für ein Auslandssemester an der tschechischen University of Life Sciene in Prag eingeschrieben. Und lernt – natürlich online – schon Tschechisch. „Ich bleibe aber hier in Bielefeld“, erklärt der Istanbuler, der sein zweites Semester allerdings in Englisch absolviert. Kein Problem für den Studenten, der sowohl Deutsch als auch Englisch verhandlungssicher beherrscht und am liebsten seinen Master in Deutschland beenden würde. „Ich möchte mein Deutsch weiter vertiefen und auch meine berufliche Zukunft kann ich mir innerhalb Europas vorstellen.“

Im Ausland studieren mit ERASMUS+

Eine Erfolgsgeschichte

Corona ist auch für Erasmus+ eine große Herausforderung. Um dieser auch in Zukunft zu begegnen, konnten mit Erasmus+ zum Wintersemester 2020/21 erstmals Studiums- oder Praktikumsaufenthalte im Ausland auch als virtuelle Lernerfahrung oder „Blended Mobility“ gefördert werden. Diese Regelung gilt auch für das Sommersemester 2021 – auch wenn die Idee von Erasmus+ grundsätzlich das Studium an einer Gasthochschule oder ein Praktikum im Gastland vorsieht. 2021 hat übrigens eine neue 7-jährige Programmgeneration von Erasmus+ begonnen. Die Digitalisierung des Erasmus+ Programms ist eines der großen Zukunftsthemen. Gleichzeitig soll Erasmus+ in den European Green Deal integriert werden.

www.erasmusplus.de

Zahlen, Daten, Fakten:

37.822 Studierende aus Deutschland haben 2020 an Erasmus+ teilgenommen.

Seit 1987 fördert das Erasmus-Programm den Austausch von Studierenden und Hochschulmitarbeitern und Partnerschafts- und Kooperationsprojekte zwischen Hochschulen.

Über 11.000 Menschen studieren an den FH-Standorten in Bielefeld, Minden und Gütersloh.