Wie Forschung Vermietende und Mietende zusammenbringt

„Die Sanierung des alten Hauses lohnt sich für mich nicht“, sagt der Vermieter. „Aber wenn modernisiert wird, kann ich mir die neue Miete nicht leisten“, entgegnet die Mieterin. Solche Gespräche finden in Deutschland jeden Tag statt – denn die energetische Modernisierung von Wohngebäuden ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Und der Druck wächst: Rund 24 Millionen Wohnungen, also mehr als die Hälfte des gesamten Wohnungsbestands in Deutschland, müssen laut dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik in den nächsten Jahren modernisiert werden. Nicht nur, um Energie zu sparen, sondern auch, um Komfort und Klimaschutz in Einklang zu bringen.

Doch wie lässt sich so eine Sanierung sozial verträglich und transparent gestalten? Wer trägt welche Kosten? Und wie gelingt es überhaupt, dass Mietende und Vermietende an einem Strang ziehen?

 Genau an diesen Punkten setzen zwei innovative Forschungsprojekte der Universität Bielefeld an: IntelMOD und KIMM. Beide werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit insgesamt fast zwei Millionen Euro gefördert. Auf die Uni Bielefeld entfallen davon rund eine Millionen Euro.

„Ein Kernproblem bei Modernisierungen ist die faire Aufteilung der Kosten“, weiß Projektleiterin Dr.-Ing. Kirsten David, die mit einem interdisziplinären Team einen Beitrag zu nachhaltigerem Handeln leisten möchte – ökologisch, ökonomisch und vor allem auch sozial verträglich.

Oft fließen Instandhaltung und energetische Verbesserung ineinander: Wenn zum Beispiel Risse in der Fassade ausgebessert werden müssen, liegt es nahe, gleich mit zu dämmen. Doch welche Kosten gehören dann zu den Pflichten des Vermietenden – und welche dürfen auf die Miete umgelegt werden? Hier kommt das Forschungsprojekt IntelMOD ins Spiel. Eine digitale Plattform, die genau diese Fragen klären soll – transparent, objektbezogen und nachvollziehbar.

Kirsten David

Herzstück des Ganzen ist das sogenannte Funktionale Kostensplitting, das von Kirsten David entwickelt wurde. Es teilt die Gesamtkosten einer Sanierung in zwei Teile: in „Sowieso-Kosten“, also Ausgaben für notwendige Reparaturen oder Erhaltungsmaßnahmen, und in Zusatzkosten, die durch die energetischen Verbesserungen entstehen. Nur Letztere dürfen rechtlich gesehen auf die Miete umgelegt werden. Die Plattform berücksichtigt dabei den Zustand des Gebäudes vor und nach der Sanierung und ermöglicht so eine faire und sachliche Berechnung – individuell für jede Baumaßnahme. Zugleich soll die Plattform beispielsweise aufzeigen, welche energetischen Maßnahmen überhaupt möglich sind, wie viel Energie damit eingespart werden kann – und was das für die Mietbelastung bedeutet.

Bessere Beratung durch KI?

Damit energetische Sanierungen überhaupt in Gang kommen, braucht es vor allem eines: Kommunikation. Hier setzt das zweite Projekt an: KIMM, kurz für „KI-gestützte Modernisierung an Mietwohnungsbaubeständen“. Ziel ist es, den Dialog zwischen Mietenden und Vermietenden zu verbessern und es wird untersucht, ob eine Beratung durch KI besser ist als eine von einem Menschen durchgeführte. Es soll getestet werden, inwieweit digitale Assistenten geeignet sind, komplexe Sachverhalte verständlich zu erklären. So sollen etwaige Missverständnisse zwischen den Mietparteien vermieden und Konflikte frühzeitig entschärft werden. Im Rahmen dieser Testberatungen wurde auch ein erster Prototyp von IntelMOD bereits erfolgreich mit Testpersonen erprobt – mit überraschenden Ergebnissen. „Wir haben gelernt, dass viele Menschen großen Wert auf Aspekte wie Brandschutz legen – das hatten wir zunächst gar nicht so auf dem Schirm“, erzählt Kirsten David. Auch die Möglichkeit, eigene Wünsche oder Vorschläge einzubringen, wurde gut angenommen: „Wenn zum Beispiel eine Dämmung geplant ist, könnten Mieter*innen über die Plattform signalisieren, dass sie bereit wären, für eine ökologische Variante mit Holzwolle etwas höhere Mietkosten in Kauf zu nehmen.“

Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe

Beide Projekte verfolgen ein gemeinsames Ziel: mehr Akzeptanz für energetische Sanierungen durch Transparenz, Kommunikation und konkrete Hilfestellung. Dazu bedarf es eines interdisziplinären Teams für die technischen Entwicklungen – z. B. der Visualisierung von Baumaßnahmen in 3D, sowie zur Veranschaulichung von Energieverlusten –, für das Training der KI mit Daten, Expertise in mietrechtlichen Fragen oder wenn es um das Thema Datenschutz geht, die Einbindung des Funktionalen Kostensplittings und vieles mehr.

Bis Ende Mai 2027 läuft das Projekt IntelMOD. Und dann? „Unsere Idealvorstellung wäre es, dass die Plattform als Schlichtungsstelle eingesetzt wird. Davor muss die Frage geklärt werden, ob KI schlichten darf oder ob es für die Entscheidung eines Menschen bedarf. Eine andere Variante wäre, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln, bei dem die Nutzer*innen dafür bezahlen müssten“, so die promovierte Architektin. Und schon jetzt gibt es erste öffentliche Präsentationen: Nachdem  IntelMOD im Juni auf einer Konferenz in Dublin vorgestellt wurde, können sich interessierte Bielefelder*innen im November 2025 bei der GENIALE selbst ein Bild machen.

Denn klar ist: „Klimaschutz schaffen wir nur gemeinsam“, betont Kirsten David. „Wir hoffen, dass unsere Forschung dazu beiträgt, die Bereitschaft für energetische Modernisierungen zu erhöhen – und damit auch einen aktiven Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft zu leisten.“ Mehr Infos gibt’s auf der Projektseite www.transpa-rent.de