In Ihrem Koffer ist noch Platz? Wir haben ein paar Ideen zur aktiven Urlaubsgestaltung.

C.K. McDonnell & Elaine Ofori – Ursula und das V-Team
Eichborn, 18 €
So hatte sich Ursula ihren großen Tag nicht vorgestellt! Da wird man jahrelang ausgebildet, um am achtzehnten Geburtstag Köln gegen die Dämonen der Hunnen zu verteidigen, und dann läuft alles anders als erwartet. Nicht genug damit, dass zwei der elf Mitglieder ihres Teams spurlos verschwinden und Ursula notgedrungen Adam, seines Zeichens Exil-Amerikaner und Gelegenheitsstadtführer, in einer Bar auflesen muss; zusätzlich verschwinden plötzlich auch noch mitten im Kampf alle Hunnen – und mit ihnen auch Ursulas Ausbilderin Una. Damit wäre der Kampf um Köln doch eigentlich gewonnen, oder? Natürlich nicht, sonst wäre der Lesespaß ja schon nach noch nicht einmal 100 Seiten vorbei.
Das V-Team wird noch mit einem viel mächtigeren Gegner konfrontiert als die läppische Geisterarmee. Die Dialoge sind – wie man es bei C.K. McDonnell gewohnt ist – pointiert, das Setting liebevoll-skurril, und der Humor trifft meist ins Schwarze. Wer schräge Fantasy mag, wird mit Ursula definitiv eine Menge Spaß haben – selbst wenn das V-Team zwischendurch mal zu lange kämpft. (E.B.)
Katharina Zorn & Jasna Fritzi Bauer – Else
Kiwi, 23 €
Es ist ein weiter Weg, den Else zurückgelegt hat. Als sudetendeutsches vertriebenes Kind bis zur ersten Taxifahrerin Hessens. Eine Frau, die sich nicht damit zufriedengibt, bloß Anhängsel ihres Mannes zu sein. Aber ihr Aufbegehren ist kein lauter Akt. Heimlich macht sie den Taxischein – in einer Zeit, in der der Ehemann einwilligen musste, ob „seine“ Frau arbeiten darf – und fährt fortan durch das nächtliche Frankfurt. Es ist ein leises, aber sehr eindrückliches Porträt, das die beiden Autorinnen voller Zuneigung zu ihrer Protagonistin entworfen haben. Die Erzählung springt elegant zwischen den Jahrzehnten, zeigt Else als moderne Frau ihrer Zeit und endet an der Côte d’Azur, wo sie mit ihrer Enkelin ein letztes Kapitel aufschlägt und die deutlich jüngere Frau immer wieder überrascht.

Die Leserschaft wird „Else“ noch lange in sehr guter Erinnerung behalten. (E.B.) Die Erzählung springt elegant zwischen den Jahrzehnten, zeigt Else als moderne Frau ihrer Zeit und endet an der Côte d’Azur, wo sie mit ihrer Enkelin ein letztes Kapitel aufschlägt und die deutlich jüngere Frau immer wieder überrascht. Die Leserschaft wird „Else“ noch lange in sehr guter Erinnerung behalten. (E.B.)

Simon Mason – Ein Mord im November
Goldmann, 17 €
DI Ryan Wilkins ist der Neue in der Truppe. Nur doch eine Namensgleichheit mit seinem Kollegen Ray Wilkins ist er als Erster am Tatort. An der altehrwürdigen Universität Oxford wurde eine Frau brutal ermordet. Die Leiche wurde pikanterweise im Arbeitszimmer von Sir James Osborne, dem Prorektor von Barnabas Hall, gefunden. Ein Fall, der eigentlich viel Fingerspitzengefühl erfordert, was Ryan definitiv nicht hat.
Aufgewachsen in einem Trailerpark ähnelt seine äußere Erscheinung eher dem Style seiner kriminellen Klienten, aber unter Jogginghose und Hoodie verbirgt sich ein blitzgescheiter Verstand, der völlig unbeeindruckt von der elitären akademischen Welt ermittelt und so manchem dabei so richtig heftig auf die Füße latscht. Sehr zum Verdruss seiner Vorgesetzten und seinem Partner wider Willen. Der smarte DI Ray Wilkins, Spross einer wohlhabenden nigerianisch-britischen Familie und Oxford-Absolvent, ist alles andere als begeistert, aber schon bald muss er anerkennen, dass Ryans Vorgehen sie weiterbringt. Mit Ryan Wilkins betritt ein spannender neuer Ermittler die Krimi-Bühne, der im Zusammenspiel mit dem völlig anders gestrickten Ryan für beste Unterhaltung sorgt. Man darf auf den nächsten Fall gespannt sein. (E.B.)
Jo Furniss – Der Stau
rowohlt polaris, 17 €
Das braucht man wirklich nicht: Nach einem anstrengenden Flug aus Australien zurück nach London landet Belinda „Billy“ Kidd, Kommissarin kurz vor dem Ruhestand, in einem Stau. Und das bei flirrender Hitze. Nach einer Explosion in einem Tunnel geht nichts mehr. Schnell macht sich Nervosität breit, als bekannt wird, dass es sich um einen Terroranschlag handelt. Zu allem Überfluss entdeckt Billy einen leblosen Körper in einem der stehenden Autos. Erstochen mit einer Fahrradspeiche. Der Mörder kann nicht weit sein und ein herrenloses Fahrzeug wirft Fragen auf: Geht hier die nächste Autobombe hoch?

Die angespannte Atmosphäre unter den Wartenden, die alles andere als unbeschriebene Blätter sind, erzeugen dichte Spannung. Billy muss handeln – doch jeder Schritt könnte Panik auslösen – oder den Mörder aufschrecken. Ein temporeicher Thriller, der im Stillstand spielt und dadurch umso bewegender ist. (E.B.)

Marie Hermanson – Im Finsterwald
Insel Verlag, 17 €
Göteborg 1926: Kindermädchen Maj besucht an einem bitterkalten Wintertag mit den fünf lebhaften Sprösslingen der Familie Guldin das Naturhistorische Museum. Doch kurz bevor die Institution schließt, ist die neunjährige Alice spurlos verschwunden. Die Hoffnung, das Mädchen könnte allein nach Hause gegangen sein, bestätigt sich nicht. Hauptkommissar Nils Gunnarsson übernimmt den Fall und inspiziert jeden Winkel des Museums, in dessen labyrinthartigen Gängen seltene und unheimliche Exponate warten. Unterdessen pflastert Alices Vater, nach dem Konkurs seiner Firma dem Alkohol verfallen, die Stadt mit Plakaten seiner vermissten Tochter. Doch all die Bemühungen sind nicht von Erfolg gekrönt.
Nils merkt schnell, dass er die Hilfe seiner Journalisten-Freundin Ellen braucht, die ihrerseits dem Kindermädchen unter die Arme greift und allerlei Geheimnisvolles über die Familie Guldin herausfindet. Mit leichter Feder entwirft Marie Hermanson einen lesenswerten und spannenden historischen Kriminalroman, der alles andere als antiquiert daherkommt. Mit Akribie und Feingefühl entwickelt sie ihre Charaktere und man darf sich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Nils und Ellen freuen. (E.B.)
Thilo Winter – Die Herde
Lübbe, 18 €
Im chinesischen Kunming soll ein großer Staudamm gebaut werden. Der schwedische Zoologe Peter Danielsson versucht dies zu verhindern, denn der Bau würde das Winterquartier der bedrohten Zwerggänse vernichten. Bei der Präsentation mit allerlei Medienrummel sorgt er für einen Eklat, der darin mündet, dass die zuständige Technische Leiterin Dayan Sui gemeinsam mit ihm einen Kompromiss zum Wohle der Tiere und des Prestigeprojekts finden soll. Zeitgleich verlassen fünfzehn asiatische Elefanten ihr Revier Südwesten Chinas und beginnen eine Wanderung nach Norden. Niemand weiß, wohin die Tiere unterwegs sind. Die Bilder der wandernden Giganten gehen um die Welt.

Die anfängliche Faszination schlägt in Entsetzen um, als die Elefanten auf ihrer Route Häuser zerstören und Menschen angreifen. Als die Ingenieurin und der Zoologe erfahren, dass der chinesische Provinzgouverneur einen manischen Großwildjäger engagiert hat, um sich der Herde zu entledigen, setzen sie alles daran, die Tiere vor dem sicheren Tod zu bewahren. Zugleich mehren sich die Anzeichen, dass sich nicht nur in China die Tiere seltsam verhalten. Und Peters Vater, ein bekannter Forscher altamerikanischer Geschichte, macht in Mexiko eine verblüffende Entdeckung. Und nicht nur er gerät bei seinen Nachforschungen in höchste Gefahr. Thilo Winters Thriller führt die Leser auf der Jagd nach einer Erklärung für das Verhalten der Tiere quer über den Planeten. Ein rasantes (Lese-)Abenteuer. (E.B.)

Felicitas Fuchs – Die Akte Schneeweiß
Heyne, 16 €
Bielefeld, 1963. Katja Schilling wächst im Wirtschaftswunder in einfachen Verhältnissen auf. Sie ist klug und wissbegierig, aber nur ihr Großvater teilt ihre Interessen – bis er eines Tages spurlos verschwindet. Als Katja ihren Eltern eröffnet, dass sie Medizin studieren will, wirft der Vater sie aus dem Haus. Unbeirrt geht die mutige Frau ihren Weg. Erst als sie schon ihre Berufung in der Frauenheilkunde gefunden hat, findet sie heraus, warum niemand aus ihrer Familie darüber spricht, was mit ihrem Großvater geschehen ist.
Dabei stößt sie auf das dramatische Schicksal von Mathilde Schneeweiß, die als junge Sprechstundenhilfe in den 1930er-Jahren unter Einsatz ihres eigenen Lebens Frauen bei ungewollten Schwangerschaften zur Seite gestanden hat, bis sie offenbar in das Visier der Gestapo geraten ist. Mit viel Gespür für wohl gehütete Familiengeheimnisse und was diese auch in der Gegenwart anrichten können, entwickelt Felicitas Fuchs, alias Carla Berling, einen hoch spannenden Roman voller mutiger Frauen. Lesenswert! (E.B.)
Benjamin Myers – Strandgut
Dumont, 24 €
Nach seinem Bestseller „Offene See“ legt Myers sein neues Werk vor und der Verlag musste aus Marketinggründen natürlich wieder einen Titel mit Seebezug nehmen, obwohl der Plot wirklich nur sehr am Rande mit dem Meer zu tun hat. Im Original heißt er „Rare Singles“, was sich vielleicht mit „Seltene Einzelstücke“ übersetzen ließe. Zu den Einzelstücken gehört Earlon „Bucky“ Bronco, der nach dem Tod seiner Frau in Chicago herumstreift wie ein Zombie, gesundheitlich schwer angeschlagen und eigentlich opioid-süchtig. Eine unerwartete Nachricht reißt ihn aus der tristen Trance: eine Einladung zu einem Soul-Festival im englischen Scarborough.

Tatsächlich hat Bucky eine Vergangenheit als Soulsänger, doch in den USA sind seine wenigen Songs längst vergessen. An der britischen Küste angekommen, begreift er, dass er hier eine Art Legende ist. Im Vorfeld des Auftritts trifft er auf Dinah, eine melancholische und lebenskluge Mittfünfzigerin, die ihren deprimierenden Alltag am besten vergessen kann, wenn sie Buckys Lieder hört. Sie kümmert sich um ihn und mit etwas gutem Willen kann man die beiden auch als Gestrandete des Lebens bezeichnen, um dem Titel gerecht zu werden. Für mich bettelt der Roman etwas zu aufdringlich um Verfilmung. (H.O.)

Takis Würger – Für Polina
Diogenes, 26 €
Es gibt Romane, die lösen im Leser zwiespältige Gefühle aus. Einerseits bemängelt man strukturelle Formschwächen und unglaubwürdige Handlung, andererseits kann man das Buch trotzdem nicht aus der Hand legen. So geht es mir mit diesem Liebesroman von Takis Würger: Da ist dieser raffende, kolportagehafte Erzählstil, der allzu fantastische Plot um einen wundersam begabten Jungen und seine große Liebe und dennoch suchtet man die Seiten hintereinander weg. Sehnsucht und Edelkitsch? Gern verziehen. Selbst am Schluss, wenn das Happy End allzu passgenau wie ein Tetris-Stück in den Handlungsrahmen eingefügt wird, nimmt man das nicht übel.
Im Gegenteil: Man möchte Piano spielen lernen und am besten auch komponieren können. Und wie man ein Klavier fachgerecht ein paar Stockwerke hochträgt, erfährt man auch. Aber es bleibt im Hintergrund immer auch das Gefühl, dass dieser Roman im Tiefsten ein Blendwerk ist. (H.O.)
Lucy Foley – Mittsommer
Penguin Verlag, 17 €
Alles soll perfekt sein. Francesca hat das Eröffnungswochenende ihres Wellness-Retreats mit Eso-Touch an der englischen Küste minutiös geplant. Doch das Luxus-Resort The Manor hat sich in der Umgebung nicht nur Freunde gemacht. Jugendliche stören das Fest mit einem qualmenden Feuer am Strand und auch der Unmut der Dorfbewohner wird immer lauter. Lucy Foley bleibt ihrem Erfolgsrezept treu und liefert mit Mittsommer erneut einen packenden Thriller mit bewährten Zutaten. The Manor – ein scheinbar perfekter Ort – entpuppt sich als düstere Bühne für alte Konflikte und neue Enthüllungen. Aus Freunden werden Feinde, mühsam aufrechterhaltende Fassaden bröckeln und eine Feier endet mit einem tödlichen Höhepunkt.

Durch geschickte Wendungen ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten, wer bei diesem Mittsommer-Nacht so richtig Dreck am Stecken hat. Spannend bis zum Schluss. (E.B.)