Grüne Blätter in der Natur und ganz viele bedruckte Seiten zwischen zwei Buchdeckeln – immer wieder spannend!

Horst Eckert – Die Macht der Wölfe

Heyne, 15 €

Die Bundeskanzlerin steckt in ernsthaften Schwierigkeiten. Sie hat einen fatalen Fehler begangen und wird nun erpresst. Sie bittet Melia Adan, die kurz vor einer Beförderung steht, die sie bis an die Spitze des Polizeiapparates bringen wird, um Hilfe. Ein heikler Auftrag, denn scheitert Melia, gefährdet das nicht nur ihre eigene Karriere, sondern die gesamte politische Stabilität Deutschlands. Denn zeitgleich gewinnt eine neue rechtskonservative Bewegung um TV-Moderator Christoph Urban immer mehr an Popularität. Die ohnehin aufgeladene Stimmung im Land wird durch Demonstrationen derer, die den Glauben an die etablierten Parteien verloren haben, weiter angeheizt. Die neue Bewegung wird durch Hartmut Osterkamp, einen milliardenschweren Immobilien-Magnaten, zu dessen Imperium auch eine Security-Firma zählt, unterstützt. Während Melia versucht, bei den hochbrisanten politischen Ränkespielen den Überblick zu bewahren, versucht ihr beruflich und privater Partner Vincent Veih einen Mord aufzuklären. Auf einer von Osterkamps Baustellen wurde eine Leiche gefunden … Mit einem sehr guten Gespür für hochaktuelle Polit-Thriller schreibt Horst Eckert fiktive Geschichten, die ganz nah dran sind an der Realität. (E.B.) 

David Safier – Solange wir leben

Kindler, 24 €

Es ist ein unglaublich berührendes Buch. Romanhaft erzählt Bestseller-Autor David Safier die Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Joschi, der vor der Verfolgung der Juden durch die Nazis 1937 von Wien nach Palästina fliehen musste, lernte dort seine erste Frau kennen. Doch Israel wird ihm nie eine richtige Heimat. Zwar hält er nach wie vor zu seiner Dora, aber er hält das Leben als Barmann in diesem gleißend-heißen Land nicht aus. Trotz seiner an sich glücklichen, aber kinderlosen Ehe beschließt er, zur See zu fahren. Als Zahlmeister eines Schiffes sieht er die ganze Welt. Nur nach Deutschland, das Land der Täter, wollte er eigentlich nie zurück. Ausgerechnet in Bremen läuft ihm die 20 Jahre jüngere Waltraud über den Weg. In der Hansestadt wuchs sie in ärmlichen Verhältnissen als Tochter eines Werftarbeiters auf, erlebte dort Kriegszeit, Trümmerjahre und Wirtschaftswunder. Als sie Joschi trifft, ist sie Witwe und schlägt sich als Alleinerziehende mit ihrer Tochter durch. Gegen jede Wahrscheinlichkeit wird sie die Liebe seines Lebens. Sie durchleben gemeinsam Höhen, viele Tiefen, erleben Glück und meistern diverse Schicksalsschläge. Es ist eine Geschichte ohne Weichzeichner, schonungslos ehrlich und auch darum ungeheuer anrührend. (E.B.)

Paul Bokowski – Schlesenburg

btb, 22 €

Mit großer Sprachlust und überbordender Fantasie, dabei zugleich nah am echten Leben erzählt das autobiografische Romandebüt von einer Kindheit im Sozialbaukomplex. Warmherzig und authentisch aus der Perspektive des jungen Heranwachsenden geschildert, geht es um ganz alltägliche Abenteuer in der Siedlung am Stadtrand im Sommer ’89. Fast alle Familien hier kommen aus Polen. Und während die Erwachsenen gegen Heimweh und um Integration in die neue Heimat kämpfen, machen die Kinder einfach ihr Ding. Beim Spielen im Hof schließen sie Freund- und Feindschaften, haben ihre ganz eigenen Sehnsüchte und Hoffnungen, von denen ihre Eltern nichts ahnen. (S.G.)

Thomas Enger & Jørn Lier Horst – Blutnacht

blanvalet, 12 €

Als Bulle hat man einen schweren Stand im Knast.  Kriminalhauptkommissar Alexander Blix sitzt in Haft, weil er einen Menschen getötet hat. Das Berufungsverfahren, in dem abschließend geklärt werden soll, ob es doch Notwehr war, lässt auf sich warten. Gewalt ist hinter norwegischen Gardinen an der Tagesordnung, der Alltag eintönig. Bis sein ehemaliger Vorgesetzter ihn bittet, einen Mithäftling  auszuspionieren. Dessen Entlassung steht unmittelbar bevor und draußen wartet ein Killer darauf, Rache zu nehmen. Nun muss Blix Polizeiarbeit hinter Gittern leisten, ein hochgefährliches Unterfangen, bei dem er tatkräftige Unterstützung von der Journalistin Emma Ramm erhält. Auch der vierte Fall für Blix und Ramm in einem spannenden Setting ist packend bis zur letzten Seite. (E.B.)

Irmin Burdekat – Jukelnack

tpk, 20 €

Der Lehrer Karl-Friedrich Jukelnack ist Meister der passiven Kommunikation. Andere sagen, er sei antriebs- und meinungslos. Gerade diese Eigenschaften bringen ihn unbeschadet durch die wirren 1920er und auch durch die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Doch dann kommt Else. Mit einem klaren Ziel vor Augen schnappt sie sich den seltsamen, aber auch faszinierenden Mann. Zusammen haben sie einen Sohn, Adam Jukelnack, der das genaue Gegenteil seines Vaters ist. Eine Rampensau erster Güte und einer der prominentesten Rockmusiker des Universums – Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll inklusive. Susanne, freie Journalistin, ist wahrlich kein Fan des exzentrischen Stars wird damit beauftragt, eine Biographie über Adam Jukelnack zu schreiben. Und sie ist genau die Richtige dafür. Unbeeindruckt von seinen Launen und Attitüden bohrt sie nach und bringt nach und nach zutage, wie es war, der Sohn von Karl-Friedrich und Else zu sein. Eine Kindheit und Jugend mit schwarzen Löchern, Schicksalsschläge, verlorene Lieben – und einen Vater, den Adam als „Psychopath“ bezeichnet. Irmin Burdekat hat einen rasanten Roman geschrieben, der sich über fast 100 Jahre erstreckt. Er schildert das Leben von Karl-Friedrich und Else separat, bis sie sich begegnen und heiraten. Damit schließt der Autor das Kapitel der Eltern und schwenkt über zu Adams Geschichte. Mit leichter Feder geschrieben, viel Verve, Humor und Lust am Fabulieren, ist dies ein ausgesprochen unterhaltsamer Roman, der auch immer wieder tiefe Einblicke in das Seelenleben der Protagonisten erlaubt. (E.B.)

Judith Hermann – Wir hätten uns alles gesagt

S. Fischer, 23 €

Es gibt wohl kaum eine andere Schriftstellerin, die schon gleich mit ihrem Debüt einen ganz eigenen Signature Sound kreierte, einen Sprachklang, eine Erzählweise, die ihrer Stimme Einzigartigkeit verlieh. Diese Unverwechselbarkeit, mit der Judith Hermann das Lebensgefühl einer bestimmten Generation zeichnete, war und ist ein Alleinstellungsmerkmal, Fluch und Segen zugleich. Sie wurde trotz ihres Erfolgs vielfach attackiert, ihre Erzählungen und Romane als „bürgerliche Langeweile“ diffamiert. Sie hat sich davon freigeschwommen, an Souveränität gewonnen. Ihre Poetikvorlesungen beschäftigen sich daher auch weniger mit dem eigenen Schreiben, als vielmehr mit Herkunft, Familie, der Atmosphäre des geteilten Berlin. Sie skizziert in nur wenigen Sätzen eine unverhoffte Begegnung in einem Späti und schon ist man als Leser mittendrin. Ein Sog, dem  man sich nicht entziehen kann. (H.O.)

Matthias Politycki – Alles wird gut

Hoffmann & Campe, 25 €

Dass nicht alles gut wird in diesem Roman, verrät schon sein auf García Márquez anspielender Untertitel „Chronik eines vermeidbaren Todes“. Der Wiener Josef Trattner, durch Glück an den Posten eines Ausgrabungsleiters im Norden Äthiopiens gekommen, bewegt an der Grenze zum Südsudan. Wir befinden uns im Jahr 2020, das nicht nur durch Corona ein besonderes Jahr ist. Es ist der Vorabend eines aufziehenden Bürgerkrieges, die Spannung ist mit Händen zu greifen. In dieser aufgeladenen Atmosphäre begegnet Trattner einer faszinierenden Frau: Natu heißt sie, besonderes Kennzeichen: ein abgerissenes Ohrläppchen. Sie agiert souverän – und das in einer von Männern dominierten Gesellschaft. Weil sie sich nicht an die ungeschriebenen Gesetze dieser Gesellschaft hält, wird sie eines Abends  brutal zusammengeschlagen. Am nächsten Morgen sitzt sie in Trattners Wagen. Das kann nicht gut gehen. Fern von jedem Exotismus gelingt es dem Weltreisenden Matthias Politycki ein ums andere Mal, uns das Fremde nahezubringen und dabei Gefahr und Faszination fein auszutarieren. Das Schreckliche und das Schöne, vereint in einem fulminanten Roman. (H.O.)

Maria Grund: Rotwild

Penguin, 15 €

„Rotwild“ knüpft nahtlos an den Vorgänger-Roman an. Auf einer verlassenen Farm auf einer schwedischen Insel findet  Kommissarin Sanna Berling einen sterbenden jungen Mann, der übel zugerichtet wurde. Die letzten Worte des Sterbenden versteht die Polizistin nicht. Zusammen mit ihrer Partnerin Eir Pedersen nimmt sie fieberhaft die Suche nach dem grausamen Mörder auf. Ihre Suche führt die beiden Ermittlerinnen tief in die dunklen Wälder der schwedischen Insel. Und beide Frauen haben ihr Päckchen zu tragen, dessen Wurzel tief in der Vergangenheit begraben liegt.