Wer im April noch kein neues Lieblingsbuch entdeckt hat, sollte hier die Augen offen halten. Wir haben für euch drei Bücher, die ihr euch unbedingt ansehen müsst.

Tja, Papa von William Saroyan

Tja, Papa

William Saroyan

dtv, 18 €
Als Sohn armenischer Einwanderer in Kalifornien geboren, begann William Saroyan (1908-1981) seine Karriere mit Storys, aufgrund derer Columbia Pictures ihn als Drehbuchautor anheuerte. Bekannt wurde er mit dem Theaterstück „The Time of Your Life“ und dem Drehbuch zu seinem Roman „The Human Comedy“, das mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.
In dem liebenswert-lebensklugen Roman „Tja, Papa“ betrachtet der Autor die Welt mit den Augen des zehnjährigen Pete. Der zieht für eine Weile zu seinem Vater – einem Schriftsteller und Lebenskünstler, der in einer Ehekrise und Schreibblockade feststeckt. Gemeinsam stellen sie sich den kleinen und großen Fragen des Lebens. Und wenn Pete seinen Vater mit kluger Naivität und immer neuen Fragen überrascht, regt das die Leser ebenfalls dazu an, über Gott und die Welt nachzudenken. Ein wunderbarer Roman, in dem auf der reinen Handlungsebene wenig passiert, im Hirn dagegen umso mehr. (S.G.)

Der Strom von Angela Krauß

Der Strom

Angela Krauß

Suhrkamp Verlag, 20 €

Selten war ein Buchtitel so treffend wie dieser. Angela Krauß überlässt sich hier ganz einem poetischen „stream of consciousness“, einem Bewusstseinsstrom, einer Meditation des Hedonismus. Eine Frau lässt sich von einem geheimnisvollen Mäzen einen Sommer lang verwöhnen: „Jemand muß uns heimlich bewohnen. Jemand immerzu Glückliches.“ Wohin das führt? Man weiß es nicht. Gerade mal 100 Seiten hat diese schwebende und ziellose Prosa. Eine faszinierende und flirrende Sommerlektüre (H.O.)

Wer hat meinen Vater umgebracht von Édouard Louis

Wer hat meinen Vater umgebracht

Édouard Louis

S. Fischer, 16 €


In seinem vorigen „Roman“ klagte Édouard Louis noch seinen Vater wortreich als brutalen Familientyrann an, hier dient ihm das Schicksal seines alten, kranken Vaters als Reibefläche für eine zornige Anklage gegen das erodierende französische Sozialsystem. Auch Emanuel Macron kriegt richtig sein Fett weg. Alles hochaktuell und mit Wut als Treibstoff geschrieben, aber man bemerkt hier deutlich die Grenzen politisch aktueller, engagierter Literatur. Morgen ist das Verfalldatum schon überschritten (H.O.)

Kein Wunder

Frank Goosen

Kiepenheuer & Witsch, 20 €


Es gibt ein Wiedersehen mit Förster, Brocki und Fränge, drei Freunde aus dem Ruhrpott. Alle Anfang 20 und irgendwie so ein bisschen auf der Suche, wohin es im Leben gehen könnte. Zunächst geht es aber nach Berlin. Wir schreiben das Jahr 1989, die Mauer steht noch und die politischen Fronten scheinen geklärt. Im Westen der geteilten Stadt erleben die Bochumer Subkultur und im Osten durch Fränges Affäre mit Rosa die Dissidentenszene. Alles und alle scheinen im Aufbruch. Aber auch zu Hause im Ruhrgebiet, so stellt Förster fest, ist nichts mehr wie es mal war. Urkomisch und vordergründig hintergründig – oder umgekehrt – sind die Dialoge, denn Goosen lässt die drei Freunde gern und ausführlich streiten. Darüber ob es im Osten oder im Westen besser ist und über sprachliche Feinheiten, denn die sind Förster ungemein wichtig. Ein sehr persönliches Stück deutsch-deutscher Geschichte und eine wunderbare Komödie über Freundschaft, Liebe und Veränderung. (E.B.)

Frank Goosen liest am 14. Mai um 20:30 Uhr im Bunker Ulmenwall

Kaffee und Zigaretten

Ferdinand von Schirach

Luchterhand, 20 €

Dieses Buch mit seinen kurzen Geschichten, manchmal sind es fast nur Notizen, und Betrachtungen hat es in sich. Sehr Persönliches und Autobiographisches wird mit dem Allgemeinen verknüpft und entfaltet dadurch Wirkung. So erzählt von Schirach in einer kurzen Skizze von seinem Großvater Baldur, dem Nazi, der wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit 1946 zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, oder von merkwürdigen Begegnungen mit Mandanten. Jede Geschichte für sich fasziniert auf andere Weise, regt die grauen Zellen an und inspiriert zum Weiterdenken. Das macht von Schirach – gepaart mit seiner klaren Sprache und seinem schnörkellosen Stil – so schnell keiner nach. (E.B.)

Ferdinand von Schirach liest am 11. Mai um 20:00 Uhr im Stadttheater

Romantische Gartenreisen in den Niederlanden & Belgien

Anja Birne

Callwey Verlag, 39,95 €

Koffer packen und los geht’s – sobald man einmal durchs das neue Gartenreisebuch der Herforder Staudengärtnerin, Buchautorin und Garten-Journalistin geblättert hat, packt einen die Sehnsucht nach außergewöhnlichen Gärten. Und warum nicht mal gen Niederlande und Belgien starten statt übers Wasser nach England. Denn es gibt durchaus lohnende Ziele: bunte Tulpenfelder, Windmühlen und barocke Gartenanlagen inklusive. Anja Birne, die seit über 20 Jahren Reisegruppen durch Gärten führt, macht das Entdecken dieser Schätze leicht. Sie stellt die schönsten Anlagen – zusammengefasst in sechs Routen – vor und liefert noch dazu ausgewählte Geheimtipps sowie viel Wissenswertes über Gartenbau und Pflanzen. So ist die königliche Familie in Belgien z.B. im Besitz von Privatgärten und spektakulären Gewächshäusern aus der Belle Époque während in den Niederlanden das Hortus Bulborum, eine Sammlung historischer Blumenzwiebeln, und die Grachtengärten in Amsterdam zu den besonderen Highlights zählen. Ein absoluter Geheimtipp dürfte der Lavendelgarten von Limburg sein. Und wer sich von seiner Reise einige Tulpenzwiebeln mitgebracht hat, kann zuhause noch einmal kulinarisch in Erinnerungen schwelgen. Mit über 30 Rezepte – von Spekulatiustorte über Koffie Koekjes bis hin zur Groninger Senfsuppe – macht Anja Birne Appetit auf mehr. (C.B.)

Fotocredit: Elke Borkowski

Die Liebe im Ernstfall

Daniela Krien

Diogenes, 22 €

Fünf sehr unterschiedliche Frauen, deren Wege sich kreuzen, stehen im Fokus des episodenartigen Romans. Sie arbeiten als Buchhändlerin, Ärztin, Schriftstellerin, Musiklehrerin und Schauspielerin, leben in Leipzig, suchen ihren Platz in der Gesellschaft und hoffen auf beständige Liebe. Daniela Krien verwebt ihre Geschichten gekonnt und erzählt feinfühlig von der Liebe und ihrem Scheitern. Ehrlich, ungeschminkt und immer mit einer Spur von Hoffnung. (C.B.)

Die zehn Leben des Nishino

Hiromi Kawakami

Hanser, 20 €

Nishino ist ein japanischer Casanova, ein perfekter Liebhaber, der mit feinem Instinkt die geheimen Wünsche der Frauen errät. Sein großes Problem: Er kann sie nicht halten. Aus der Perspektive jener Frauen schildert Kawakami das Leben eines einsamen Lovers, der ein Meister der Verführung ist, aber untauglich für das Leben zu zweit. Elegante Prosa, die die Lektüre zu einem feinen Genuss macht. (H.O.)

Perry Rhodan

Andreas Eschbach

Fischer Tor, 25 €

Zum Jubiläum, jüngst erschien der 3.000. Heftroman, huldigt Eschbach der unsterblichen Kultfigur mit einer 800 Seiten starken, fiktiven Biografie seiner frühen Jahre. Gespickt mit vielen Anspielungen für Fans ist sie zugleich ein faszinierendes Stück Technologie- und Raumfahrtgeschichte von den 40er bis zu den 70er Jahren. (K.M.)

Zeit aus den Fugen

Philip K. Dick

Fischer TB, 10,90 €

Keiner dekonstruiert so spannend wie verstörend die Realität und was wir dafür halten wie der Autor des „Blade Runner“: Ragle Gumm lebt in einer idyllischen US-Kleinstadt der 50er Jahre und verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Lösen von Preisrätseln. Doch nichts ist hier wie es scheint. Schön, dass Dicks früher Geniestreich neu aufgelegt wurde! (K.M.)

Die Unscheinbaren

Dirk Brauns

Galiani Berlin, 20 €

Der Sohn der Spione: Sein Leben ändert sich schlagartig, als seine Eltern in der DDR der 60er Jahre verhaftet werden, weil sie für die BRD spionieren. Kein Politthriller, eher ein Anti-Agentenroman: In Rückblenden erzählt Brauns von einer dysfunktionalen Familie, den Kollateralschäden des Agentengewerbes, ein Stück deutsch-deutscher Zeitgeschichte. (K.M.)