Es ist im besten Sinn ein Frauenprojekt. „Und zwar von A bis Z“, wie Tina Ruthe und Jasna Jagar betonen. Die beiden Autorinnen sind mit der Idee für ihr Buch schwanger gegangen und haben ein Jahr dran gearbeitet und geschrieben, während Johanna Baumann mit ihren Illustrationen Geburtshilfe leistete. „Wahnsinn – plötzlich Mama“, erschienen im Lappan Verlag, ist ein etwas anderes Buch über das erste Jahr als Mutter.

Tina Ruthe und Jasna Jagar

Vor zwei Jahren verbrachten Tina Ruthe und Jasna Jagar auf Ibiza ihren gemeinsamen Familienurlaub. „Das war eine Zeit, in der die Kinder wahnsinnig anstrengend waren. Sie hatten die schlimmsten Phasen ihres Lebens“, sind sich die zwei Mütter noch im Nachhinein sicher. Abends beim Wein entstand dann die Idee zum Buch. Eins, in dem über das „Mama sein“ ehrlich und gleichzeitig lustig berichtet werden sollte – so der Plan. Statt sich zuhause vom Alltag wieder schnell einholen zu lassen, machten die beiden Mütter Nägel mit Köpfen. Zwillingsmama Tina Ruthe klopfte beim Verlag an und stieß auf offene Ohren. „Ab da war unser Buchprojekt nur noch eine Frage der Umsetzung“, stellt Jasna Jagar, Literaturwissenschaftlerin und Workingmom einer fünfjährigen Tochter, fest. Ihre Botschaft an jede Mutter lautet: „Folge niemandem, hör auch nicht auf uns, sondern hör auf dich selbst! Vor allem aber sei stolz auf dich.“


Ehrlich, offen, ungeschminkt. Tina Ruthe und Jasna Jagar erzählen unprätentios, witzig und haben keine Scheu vor Tabuthemen. Sie beschreiben die Glücksmomente mit ihren Kindern, nehmen aber auch kein Blatt vor den Mund, wenn sie als Mutter nicht in die Vorzeigeschublade passen oder heiße Eisen wie das Thema Sex anfassen. „Wir hatten morgens Sex, am Abend wussten es sieben fremde Menschen, weil ich mit Blutungen zum Arzt musste“, erzählt Tina Ruthe von ihrem letzten Mal vor der Geburt. Öffentliche Toilettengänge machen sie ebenso zum Thema wie den ersten Schuhkauf für den Nachwuchs. „Was könnte man sich selbst Schönes von diesem Geld kaufen“, gibt Jasna Jagar offen zu bedenken. Und jeder Mutter fällt – manchmal erst im Rückblick – wohl auch ihr größter Fehlkauf ein. Bei Jasna Jagar sind es rund 8 kg Heilwolle, die friedlich im Keller schlummern. „Angeblich das Beste für einen wunden Po. Nur, dass meine Tochter nie einen solchen hatte“, wie die 39-Jährige verrät.


Doch es sind nicht nur amüsant anmutende Details, die das Buch so authentisch machen. Die beiden Autorinnen packen auch ernste Themen an, möchten mit Tabus aufräumen. „Ich bin durch eine künstliche Befruchtung schwanger geworden“, erzählt Zwillingsmama Tina Ruthe, die das Thema auch auf ihrem Blog tinchenmandarinchen öffentlich gemacht hat: „Darüber zu sprechen, hatte für mich etwas Erleichterndes.“ Die positive Resonanz ihrer Follower gibt der 28-jährigen Gesundheitswissenschaftlerin recht. Und Jasna Jagar spricht offen über ihre postnatale Depression. „Ich hatte sie, so wie viele andere Mütter auch.“ Doch statt auf erhobenen Zeigefinger setzen die beiden Autorinnen auch bei schwierigen Themen auf eine gute Portion Humor. Die verpackte Illustratorin Johanna Baumann – Grundlage waren reale Whatsapp-Kommentare – auch als Zeichnung im Buch. Auf die Frage „Was ist mit meinen neuen Brüsten“ zeichnete sie Tina Ruthe dieselben unters Konterfei während Jasna Jagar zwei Möpse verpasst bekam.

Lappan Verlag, 10 €

  • 9. April 2019
  • Thalia Bielefeld
  • 20:15