HORSTE UND HÖHLEN
Bäume brauchen einige Jahre, um Tieren geeignete Bedingungen für ein Zuhause zu bieten. Flechten und Moose wachsen sehr langsam, viele Insekten wie Wildbienen, Rosen-, Pracht- und Bockkäferarten sowie Wanzen-, Schwebfl iegen- und Schmett erlingsarten
besiedeln bevorzugt Totholz, während Spechte hier ihre eigenen Höhlen zimmern. Auf der Suche nach Baumhöhlen und -spalten beziehen auch Eichhörnchen, Marder und Co. Quarti er in alten Bäumen. Hier findet sich auch Platz für Fledermäuse und zahlreiche Vogelarten: von Meisen über Rotkelchen bis hin zu Staren, Kleibern und Eulenarten. „Die meisten dieser Strukturen entwickeln sich erst in älteren Bäumen“, unterstreicht der 33-jährige Bielefelder, der in Götti ngen Arboristi k studiert hat. Gleichzeitig sind diese von den Tieren benöti gten Astausbrüche, Faulstellen, Höhlungen oder abgestorbenen Äste mit Blick auf die Verkehrssicherheit häufig eine Schwachstelle. „Daraus ergibt sich zwangsläufi g Konfl iktpotenzial“, weiß Pascal Wörmann. „Schließlich können morsche Äste und Bäume zu einer Gefahr werden.“ Die Folge: Aufgrund der hohen Ansprüche an die Verkehrssicherheit in besiedelten Bereichen gibt es für Tiere immer seltener Bäume, die ihnen bewohnbare Strukturen bieten. Von den rund 530 Naturdenkmalen in Bielefeld – mit einem dreieckigen Schild gekennzeichnete geschützte Bäume – verfügen zwischen 100 bis 150 Bäume über Habitate. Um die Artenvielfalt zu erhalten, nimmt Pascal Wörmann den einzelnen Baum in den Blick. „Bei der klassischen Baumpfl ege wird häufig das von den geschützten Tieren.

Bäume übernehmen vielfältige Funktionen. Nicht nur für Menschen. Für viele Tiere und Pfl anzen bieten sie – vor allem im urbanen Raum – wertvollen Lebensraum. Einige von ihnen benötigen besondere Strukturen wie Baumhöhlen, Faulstellen, aber auch abgestorbenes oder teilweise zersetztes Holz, um zu überleben oder sich fortzupfl anzen. Im Umweltamt ist Pascal Wörmann Experte für dieses (Baum-)Grün, schützt dieses und trägt damit zur Artenvielfalt in Bielefeld bei.
Pascal Wörmann
benötigte Totholz herausgenommen“, erläutert der Baumexperte. „Das ist – mit Blick auf mögliche Habitate – aber ein unnatürlicher Zustand. Daher versuchen wir Totholz zu erhalten, ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden. Das heißt, wir entfernen gezielt Äste, die beispielsweise Fußgänger gefährlich werden könnten, lassen aber einen toten Baumstamm stehen oder sichern alte Bäume beispielsweise mit Stahlseilen.“ Bei einem alten Bielefelder Baum, in dem ein Waldkauz brütete, wurde deshalb die Krone zurückgeschnitt en, der Stamm allerdings erhalten. Dadurch konnte der Baum gesichert werden. Der Kauz behielt sein Quarti er. „Da viele Tiere ihre angestammten Plätze immer wieder nutzen, versuchen wir die natürlichen Habitate der Tiere zu erhalten“, erklärt Pascal Wörmann Maßnahmen, die sowohl dem Artenschutz als auch der Verkehrssicherheit gerecht werden. Mit dem Umweltbetrieb, der in Bielefeld für die Baumpfl ege verantwortlich ist, die Bäume regelmäßig auf ihre Verkehrssicherheit prüft und auf mögliche Habitate stößt, steht Pascal Wörmann im engen Austausch. „Das läuft Hand-in-Hand. Wenn der Umweltbetrieb nicht mehr ohne Konfl ikte mit Habitaten arbeiten kann, werde ich eingeschaltet. Wir prüfen dann, ob ein Erhalt des Quarti ers oder auch eine Entnahme zu bestimmten Zeiträumen möglich ist.“ So, wie bei einer Esche zwischen dem Museum Huelsmann und dem Historischen Museum, die durch Beschädigungen am unteren Stamm und im Wurzelbereich in den Fokus des Umweltbetriebs geraten ist und nun doch gefällt werden muss. Pascal Wörmann weiß, dass der Platz, den Bäume wie diese Esche mit ihren verschiedenen Unterschlupfmöglichkeiten bietet, bei Tieren begehrt ist. Und sorgt dafür, dass die Bäume, in denen Habitate – also Schlupfl öcher und Höhlen – festgestellt bzw. vermutet werden, wenn möglich gesichert und schließlich mit einem „H“ gekennzeichnet werden. Denn jedes Habitat ist geschützt. Geregelt ist dies über das Bundesnaturschutzgesetz. „Durch unterschiedliche Anforderungen und Präferenzen sind meist verschiedene Arten in einem Baum zu fi nden“, unterstreicht Pascal Wörmann. Viele Vögel bauen ihre Nester schließlich klassisch in der Krone oder in den Ästen eines Baumes oder Eichhörnchen ihre Kobel. Spechte, Bilche oder Fledermäuse bevorzugen Höhlungen in Stämmen und Ästen und Insekten sind im Totholz zu fi nden. „Entf ernen wir ein Habitat, schaff en wir Ersatz, beispielsweise durch Starenkästen oder Fledermaushöhlen“, erklärt der Fachmann die Vorgehensweise. www.bielefeld.de/habitatbaeume ✔