Michael Heicks nach seiner Intendanz?

Bielefeld verlassen? Das kommt für Michael Heicks nach 25 Jahren am Theater Bielefeld, davon über 20 als Intendant, nicht in Frage. „Wenn man so lange in einer Stadt lebt, ist man nicht zu Gast, sondern ein Teil von ihr. Ich fühle mich Bielefeld verbunden und bin privat mit meiner Familie hier verankert.“

Auch dem Theater geht Michael Heicks nicht verloren. In der kommenden Spielzeit wird er bei „State Of The Union“ (12.9.25) sowie „Peter Pan“ (16.5.26) Regie führen. „Das Inszenieren ist das Schönste an dem Beruf“, unterstreicht er. „Und es freut mich, dass der Kontakt zur Community des Theaters dadurch erhalten bleibt. Aber das tägliche Miteinander, gemeinsam etwas zu schaffen, das werde ich vermissen.“

Umso mehr, als der Intendant auf flache Hierarchien gesetzt hat. „Ich bin niemand, der von oben herunter regiert. Wir arbeiten immer in Gruppen, das ist der ‚Bielefelder Weg‘, der von anderen Häusern auch als Begriff genutzt wird. Natürlich ist nichts perfekt, aber auf diese Form des Miteinanders bin ich stolz. Wir sind ein offenes Haus, in dem gut kommuniziert wird und man aufeinander achtgibt. Was ich außerdem außergewöhnlich finde: Viele Menschen hier haben unglaubliche Kompetenzen. Dadurch kann man sich auf Augenhöhe begegnen, wovon ich als Intendant profitiere und was zu anderen Erfolgen führt.“

Den „Bielefelder Weg“ hat Michael Heicks auch beim Wechsel der Intendanz eingeschlagen. Nach zwei gemeinsamen Spielzeiten als Doppelspitze mit Nadja Loschky übergibt er nun den Staffelstab. „Jetzt gehe ich in einem Moment, wo es heißt: schade, dass er geht. In fünf Jahren wäre die Reaktion vielleicht anders gewesen“, lacht Michael Heicks. Vollkommen ernst ist es ihm dagegen mit der Begeisterung für seine Nachfolgerin: „Sie spiel in der ersten Liga und ich hoffe, die Stadt bemüht sich, so eine kompetente junge Frau hier zu halten. Nadja Loschky gibt genau das hier rein, was es braucht.“

Was es ebenfalls braucht, sind Strukturen, die nicht durch Spardiskussionen beschädigt werden. „Wenn man anfängt zu sparen, spart man auch an der Qualität. Deshalb wünsche ich mir, dass von Seiten der Stadt das Theater in der Wahrnehmung bleibt und nicht runtergefahren wird.“ Sich Tag für Tag mit bürokratischen Aufgaben zu befassen, wird Michael Heicks jedenfalls nicht vermissen. Obwohl er durch beharrliches Dranbleiben Entwicklungen anstoßen konnte, auf die er gerne zurückblickt. „Ich bin während der Umbauphase des Stadttheaters hier eingestiegen. Ich mag es, wenn es sichtbare Veränderungen gibt. Im großen Haus etwa die technische Verbesserung und in der Oetkerhalle die Umgestaltung des Foyers. Das hat viel Zeit und Kraft gekostet.“ Obwohl die Impulse von ihm ausgingen, legt Michael Heicks Wert darauf, dass beides eine Gemeinschaftsleistung war. Ebenso wie die Tatsache, das Theater Bielefeld auf ein konkurrenzfähiges Level gebracht zu haben. „Natürlich gab es auch Momente, wo ich dachte, ich schmeiße alles hin“, resümiert Michael Heicks. „Aber rückblickend bin ich froh, die lange Strecke gegangen zu sein. Das hat sich gelohnt und in einer anderen Stadt hätte ich wieder bei Null anfangen müssen.“

Die liebste Inszenierung?

Das ist eine Frage, die Michael Heicks nicht beantworten kann und mag. Kein Wunder nach 25 Jahren am Theater Bielefeld. „In der Zeit habe ich so viele Inszenierungen gemacht und erinnere mich nicht nur an die eigenen gerne.“ Besonders gefreut hat ihn allerdings die Reaktion des Publikums auf die Premiere seiner letzten Inszenierung als Intendant: „Fahrenheit 451“. „Ich war überrascht, mit welcher Vehemenz die Leute uns gefeiert haben“, so Michael Heicks, „davon gibt es viele Momente.“ Spartenübergreifende Produktionen wie eben „Fahrenheit“ oder zuvor „Moby Dick“ und „The Black Rider“ sind generell eine Kategorie, die ihm am Herzen liegt. „Erstaunt hat uns der Erfolg von ‚Wie im Himmel‘, das Stück ist fünf Jahre gelaufen“, erinnert sich Michael Heicks. Wichtig ist es ihm rückblickend, viele verschiedene Inszenierungen gemacht zu haben. Er wollte nie „Der Mann für die Komödie“ oder die Tragödie werden. „John von Düffel hat mal über mich gesagt: Heicks macht aus Tragödien Komödien und andersrum. Das passt.“

Das eine Stück, das Michael Heicks herausheben möchte, gibt es also nicht. Wohl aber eine bestimmte Haltung seinerseits: „Ich bin ein wahnsinnig selbstkritischer Mensch. Es gibt keine Inszenierung, mit der ich komplett zufrieden bin. Auf der Bühne bin ich Perfektionist, im Leben eigentlich nicht. Und ich möchte bei jeder Inszenierung etwas lernen, egal ob Handwerkliches oder Philosophisches. Man muss immer etwas mitnehmen, dann erinnert man sich an die Produktion.“