Die wollen doch nur spielen

So in etwa muss sich Sisyphos gefühlt haben. Felsblock den Berg hinaufwälzen, fast geschafft – und mit einem Rumms geht es wieder bergab und von vorne los. Kaum hatten die Bielefelder Philharmoniker ihre Pläne verkündet, wie die Konzertsaison weitergehen könnte, schnellten in Bielefeld die Coronazahlen über die gefürchtete 50er Marke. Also: alles auf Anfang und den Felsblock wieder hochrollen.

Alles könnte anders sein

„So etwas hatten wir noch nie“. Mit diesem Satz eröffnet Generalmusikdirektor Alexander Kalajdzic die Pressekonferenz. Gemeint ist eine Spielzeit, die das Orchester vor ungewöhnliche Herausforderungen stellt und es zwingt, immer wieder neu zu planen. Vor allem in Bezug auf die Programmgestaltung sowie die Besetzungen auf der Bühne ist die Struktur anders als unter normalen Bedingungen. „Wir haben – anders als im Schauspiel, Tanz oder Musiktheater – mit unserem Orchester die Möglichkeit, schnell auf die aktuelle Saison zu reagieren. Wir können je nach Verordnung die Anzahl der Musiker*innen auf der Bühne kurzfristig anpassen und somit nochmal in die Programmgestaltung eingreifen“, erklärt Alexander Kalajdzic (links im Bild neben Martin Beyer). Genau das wird jetzt nötig sein. Noch größere Abstände zwischen den Besucher*innen sind aktuell ebenso erforderlich wie zwischen den Musiker*innen. Großes Orchester, große Chöre sind momentan auf der Bühne nicht erlaubt. „Außerdem sollen aufwändige Großprojekte auch ein großes Publikum erreichen. Es wäre schade, sie vor wenigen Zuschauer*innen zu spielen“, ergänzt Orchester- und Konzerthausdirektor Martin Beyer. Doch auch unter erschwerten Bedingungen ist es den Philharmonikern ein Herzensanliegen, Präsenz zu zeigen. „Unser innigster Wunsch ist es spielen zu können, selbst wenn noch weniger Zuschauer*innen kommen dürfen“, unterstreicht der GMD.

Flexible Planung

Zum Glück haben die Philharmoniker die Saison ohnehin so geplant, dass sie flexibel reagieren können. „Wir haben die Programme so konzipiert, dass wir sie auch in kleiner Besetzung spielen können, ohne dass sie an Qualität verlieren“, so Alexander Kalajdzic. Und sie fahren auf Sicht. Haben so die Chance umzusteuern, falls sich die Situation verschlechtert oder aber auch verbessert. Wie bei fast allen Kulturveranstaltungen derzeit gilt: Planung unter Vorbehalt. Und die Besucher*innen sollten sich informieren, was unter welchen Bedingungen tatsächlich stattfinden kann. Momentan übrigens am besten auf der Website, da die Konzertkasse vorübergehend geschlossen hat, um die Umbuchungen aufgrund der reduzierten Platzzahl vorzunehmen.

www.bielefelder-philharmoniker.de

Die nächsten Termine:

2. Symphoniekonzert, 20. & 22.11.20, 20 +11 Uhr

Werke von Carl Philipp Emanuel Bach, Jean Sibelius, Johann Carl Christian Fischer und Wolfgang Amadeus Mozart

Solo-Paukist Stephan Kostenbade spielt Fischers Symphonie mit acht obligaten Pauken.

3. Symphoniekonzert, 11. & 13.12.20, 20 + 11 Uhr

Die gefragte Violinistin Lena Neudauer spielt Mozarts Violinkonzert A-Dur KV 2019. Unter der Leitung von Christoph Poppen liegt zudem die „Linzer“ Symphonie und Bartóks „Divertimento“ auf dem Pult.

4. Symphoniekonzert, 22. + 24.1.21, 20 + 11 Uhr

Ausnahmepianist Martin Helmchen (Foto links) weiht mit Schumanns Klavierkonzert den neuen Flügel in der Rudolf-Oetker-Halle ein. Außerdem erklingt Mendelssohn Bartholdys als „Schottische“ bekannte 3. Symphonie.

5. Symphoniekonzert, 12. + 14.2.21, 20 + 11 Uhr

Hier hat Violinist Frank Peter Zimmermann u. a. Schumann lange verschollen geglaubtes Violinkonzert in d-Moll im Gepäck