Bücher für den März

Zugegeben: Der derzeitigen Situation kann man nicht viel Gutes abgewinnen. Außer vielleicht, dass jetzt einige Menschen mehr Zeit zum Lesen haben. Für Euch haben wir ein paar Tipps.

Heike Duken: Wenn das Leben dir eine Schildkröte schenkt

Limes, 18 €

„Charly ist tot. Ich kann nichts dafür.“ Mit diesen Worten lädt Großmutter Frieda die Familie in den Garten der alten Villa in Murnau zur Beisetzung ein. Und alle kommen. Jeder mit seiner eigenen Geschichte, mit Sorgen und Geheimnissen im Gepäck. Wunderbar feinsinnig erzählt Heike Duken genau diese Geschichten. Wie etwa Frieda in den 1970ern ihren Mann Heinrich kennenlernte. Der es schwer hatte im Leben und durch seine unkontrollierten Wutausbrüche Friedas drei Kindern wiederum ihr Leben schwer machte. Oder Friedas Enkel Max, der von Tochter Nele adoptiert wurde und auf eine Förderschule geht. Er gilt als „eigenartig“, dabei sind die Gedanken, die er sich macht, äußerst hellsichtig. Ein spannender Charakter. Heike Duken trifft den Kern des ganzen Chaos’, das sich Familie nennt.

Nicci French: Was sie nicht wusste

C. Bertelsmann, 16 €

Ein Psychothriller der Extraklasse: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein außereheliches Verhältnis. Sie sind mit Ihrem Lover in einer Wohnung verabredet. Als Sie eintreffen, finden Sie Ihren Geliebten mit eingeschlagenem Schädel vor. Weil Sie eine labile Tochter haben, die gerade erst von den Drogen weg ist und eine Ehekrise nicht verkraften würde, greifen Sie – noch unter Schock stehend – zum Putzlappen. Und reinigen den kompletten Tatort, bis gar keine Spuren mehr zu finden sind. Und dann? Lügen Sie, was das Zeug hält. Sie belügen Ihren Mann, Ihre Familie, Ihre Freunde, Ihre Arbeitskollegen und natürlich den Ermittler. Ein kluger Mann, der Sie einfach nicht in Ruhe lässt. Die Frage ist: Haben Sie die Nerven, das durchzuziehen?

Das Autorenduo Nicci French beschreibt nicht nur höchst anschaulich, wie die Protagonistin immer weiter unter Stress gerät, sondern baut unvorhergesehene Wendungen ein, die den Mord in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen. Krimi mit Sogwirkung.

Nick Hornby: Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst

KiWi, 18 €

Es ist eine Ehe in zehn Sitzungen. Anfangs naturgemäß höchst unharmonisch, voller Streit. Naturgemäß, weil das Paar sonst nicht auf dem Weg zu einer Therapeutin wäre. Das Besondere an der Geschichte: Nicht eine der zehn Episoden findet tatsächlich bei der Paartherapeutin statt, sondern immer in dem Pub gegenüber. Louise trinkt Weißwein, Tom Bier. Sie werden zu Verbündeten, die sich vor der Sitzung darauf einigen, was sie der Therapeutin erzählen. Nur, nicht immer werden die Vereinbarungen eingehalten. Was naturgemäß wieder zu Streitigkeiten führt, die aber dank Hornbys Sprachwitz überaus unterhaltsam sind.

Håkan Nesser: Der Choreograph

btb, 20 €

Zum 70. Geburtstag des schwedischen Autor erscheint sein erster Roman erstmals auf Deutsch. Das schreiberische Talent, seine wunderschöne Prosa – hier fast ein wenig überbordend –  zeigt sich schon hier. Wie auch das Faible des Schriftstellers für mysteriöse Geschichten, bei denen man nicht weiß, ob die Romanfigur gerade dem Wahnsinn verfällt oder ob ihm einfach sehr perfide, sehr übel mitgespielt wird. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Nessers erstes Werk Thriller und Liebesroman zugleich ist. Für Fans auf jeden Fall ein Muss.

John Grisham: Die Wächter

Heyne, 24 €

Immer wenn sich „seine“ Anwälte für die Armen und die, die sich nicht wehren können, einsetzen, läuft US-Bestseller-Autor Grisham zu absoluter Top-Form auf. Cullen Post, Anwalt und Priester, arbeitet mit zwei Kolleginnen für „Guardian Ministries“. Ihre Mission: Zu unrecht verurteilte Menschen aus den Todeszellen der US zu holen – und zwar legal. Quincy Miller war ein junger Mann, als er in einem offenbar manipulierten Verfahren zum Tode verurteilt wurde. Das war vor 22 Jahren – und die Zeit arbeitet gegen ihn. Als bekannt wird, dass Miller gute Chancen auf eine Rehabilitation hat, wird er im Gefängnis von unbekannten Tätern fast zu Tode geprügelt. Ganz klar: Cullen Post ist auf der richtigen Spur.

Neben einem richtig guten Thriller schafft Grisham es immer wieder, die Unzulänglichkeiten des US-amerikanischen Justiz-Systems eindrücklich zu sezieren – und ein Plädoyer gegen die Todesstrafe zu halten.