Keine Frage: Bielefeld hat viel zu bieten. Kein Wunder also, dass unsere Stadt zu diversen Themen auch zwischen diversen Buchdeckeln verewigt wird. Die Neuerscheinungen im Überblick:

Kleinod Königsbrügge

Kerstin Schröder (Hg.) / Bielefelder Edition / 10,80 €

Einmal im Jahr zeigt die Bielefelder Edition Entdeckungen aus interessanten regionalen Kultur-, Lebens-­ und Arbeitsbereichen der Stadt. Die elfte Ausgabe lädt zu einem spannenden Rundgang durch den Bielefelder Osten.

Dort wo Bielefeld vor gut hundert Jahren endete, befindet sich heute ein lebendiges Denkmal für den sozialen Wohnungsbau der Stadt: die Königsbrügge. Die beiden Autoren, Prof. Dr. Holger Dainat und Larissa Jagdschian, nehmen die Leser mit auf eine Tour durch dieses liebenswerte Wohnquartier, blicken auf die Geschichte der Gebäude und lassen auch deren Bewohner zu Wort kommen.

Die Entstehungsgeschichte der Siedlung nahm 1913 ihren Anfang, als die Stadt kleine Reihenhäuser auf bis dahin landwirtschaftlich genutzten Flächen am Rande der Stadt baute, um günstiges Wohneigentum zu schaffen. Nach Ende des Ersten Weltkriegs bestimmte der Bau von Mietwohnungen das Geschehen – und neben der Stadt wurde ein zweiter wichtiger Gestalter der Wohnsiedlung aktiv: die Baugenossenschaft Freie Scholle.

Auch Kerstin Schröder, Herausgeberin der Bielefelder Edition, und Fotograf Christian Ring erkundeten die Siedlung. Die Grafikdesignerin fing die dort vorherrschenden Farbtöne ein, um sie bei der Gestaltung des Büchleins zu verwenden. Als Schriftfarbe etwa wählte sie „Kohlebrand“, ein dunkles Braunrot, das die Ziegelbauten widerspiegelt. Die Fotografien von Christian Ring richten den Blick auf die Besonderheiten der Architektur. Sie zeigen interessante Details und Gesamtansichten ebenso wie das große Ganze aus der Vogelperspektive. Und sie machen ebenso wie die kenntnisreichen Texte Lust, das Viertel einmal genauer zu erkunden.

(www.bielefelder­edition.de)

My Bielefeld

Delius Klasing Verlag / 39,90 €

„Noch ein Bielefeld-Bildband?“, möchte man fragen. Aber dem heimischen Delius Klasing Verlag ist mit „My Bielefeld“ wirklich etwas ganz Besonderes gelungen: eine unaufgeregte Hommage an unsere Stadt. Eine Stadt, die oft unterschätzt wird. Auf 240 Seiten kommen Menschen zu Wort, die das Bild dieser Stadt ausmachen – mit großartigen, neuen Fotografien, die die bunte Vielfalt widerspiegeln. 

Die Idee dazu hatte Edwin Baaske, der vor über 20 Jahren von Hamburg nach Bielefeld kam und eigentlich nur ein paar Jahre bleiben wollte. Nun hat er bei Delius Klasing schon rund 150 Bücher betreut, wobei der neue Bildband eine „echte Herzensangelegenheit“ ist. „Ein Stärke Bielefelds ist, dass man hier so sein kann, wie man ist“, sagt er. Die Liebeserklärung ist gelungen: Der Bildband lädt ein zu einem assoziativen Spaziergang. Orte, wie der Tierpark, der Siggi oder die Kunsthalle werden aus einer neuen Perspektive beleucht. Originelle Einzelhändler, coole Gastronomien, Prominente und weniger Prominente erzählen kurze Geschichten. Wie Friseurin Julia Noack, die es auch auf eines der drei Titelbilder geschafft hat. Und auch das ist besonders: 1 Buch, 3 Titel: klassisch mit Sparrenburg, Julia steht für die Menschen unserer Stadt und ein ungewöhnliches Bild vom Hermannslauf, das eine Läuferin im Brautkleid zeigt. Klassisch, menschlich, schräg – so ist Bielefeld.

Hans-Jörg Kühne

Dunkle Geschichten aus Ostwestfalen und Lippe / Wartberg Verlag / 12 €

Nach „Dunklen Geschichten aus Bielefeld“ hat Hans-Jörg Kühne nun seinen Wirkungskreis um Schönes und Schauriges aus OWL erweitert. Der Bielefelder Historiker gräbt längst vergessen Storys wieder aus und schildert sehr anschaulich, dass sich hinter der  Fassade der vermeintlich gemütlichen, wortkargen, arbeitsamen, Pickert verzehrenden und Steinhäger trinkenden Menschen immer wieder Abgründe auftun. Hier gab es seltsame Charaktere, die sich eine eigene, erschreckende Fantasiewelt erbauten und darin lebten. Hier gab es gefallene Helden, unnachgiebige Hexenverfolger, Hinrichtungen aller Art, eine seltsame „Schwarze Sonne“ fand Verehrung, Morde blieben unbestraft und eine Reihe weiterer Verbrechen wurde begangen.

Willibald A. Bernert & Frank Tippelt

Kneipen, Kult und Kakerlaken / Wartberg Verlag / 15 €

Einen Zug durch die Bielefelder Altstadtlokale von damals unternahmen zwei echte Kenner der Szene. Willibald A. Bernert, besser bekannt als Olly, ist Fotojournalist, Redakteur, Reise-Autor und seit rund 35 Jahren für verschiedene Zeitschriften und Bielefelder Stadtmagazine unterwegs. Frank Tippelt arbeitet seit 1992 als Redakteur beim Westfalen-Blatt und hat bereits mehrere erfolgreiche Bücher über Bielefeld in den 1950er bis 1980er Jahren veröffentlicht. Von Partys bis zum Morgengrauen, Kneipen dicht an dicht, schrille Gäste und kultige Wirte – von ihnen handelt ihr Buch, das Erinnerungen wecken möchte an schöne Stunden in den Lokalen rund ums Hufeisen, an gemütliche Orte, verrückte Feten und unglaubliche Geschichten aus den 1960er bis 1990er Jahren.  Längst geschlossener Lokale mit Kultcharakter öffnen hier noch mal ihre Pforten und lassen auf höchst vergnügliche Weise – inklusive toller Fotos – ein Stück Bielefelder (Kneipen-)Geschichte noch mal ganz lebendig werden.

Achtung: Die offizielle Bielefelder Buchpräsentation mit den Autoren Frank Tippelt und Willibald A. Bernert findet am Freitag, 22. November 2019, 20 Uhr (Einlass 19.30 Uhr),in der Stadtbibliothek, Am Neumarkt 1, Bielefeld, auf der Literaturbühne statt. Der Eintritt ist frei.

Die Präsentation/Lesung wird von bekannten Bielefelder Musikern begleitet, die schon damals Stars auf Deutschlands Bühnen und in Bielefeld waren. Dazu werden Fotos auf einer Großleinwand aus den 60er bis 90er Jahren gezeigt, die es leider nicht ins Buch geschafft haben, aber zu schade sind, für immer im Archiv zu verschwinden. Hier werden sicherlich viele Erinnerungen wach und es wird sich so manch einer wiedererkennen.

Jochen Rath

Bielefeld – Eine Stadtgeschichte /  Verlag Friedrich Pustet  / 14,95 €

Von bylanuelde zum Bielefeld des 21. Jahrhunderts: Die Stadt am Teutoburger Wald ist seit 1214 nachweisbar. Bis 1346 zur Residenz der Grafen von Ravensberg geworden, blieb sie bis ins 19. Jahrhundert hinein Hauptort eines Nebenterritoriums verschiedener Dynastien: Jülich-Berg, Kleve und Brandenburg-Preußen. Erst mit der Industrialisierung ab 1850 begann der Wiederaufstieg, als vor allem Textilherstellung und Maschinenbau die Stadt prosperieren ließen. Die Bevölkerung wuchs an und übersprang 1930 die 100.000 – wurde damit offiziell Großstadt. Im 20. Jahrhundert erlebte die heutige Ostwestfalen-Metropole Kaiserreich, Demokratie, Diktatur und wieder Demokratie. Der langjährige Stadtarchivar Dr. Jochen Rath erzählt die Geschichte Bielefelds sehr anschaulich auch als Ort der Kultur, der Wirtschaft und der Menschen.

Andrea Gerecke

Starke Frauen aus Westfalen / Wartberg Verlag / 15 €

Starke Frauen aus Westfalen könnten locker mehrere Bände füllen. Einen facettenreichen Landstrich, geprägt von Unternehmerinnen, Sportlerinnen, Künstlerinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen in Vergangenheit und Gegenwart hat sich Autorin und Journalistin Andrea Gerecke da vorgenommen. Natürlich darf da die berühmte deutsche Dichterin Annette von Droste-Hülshoff nicht fehlen: „… nach hundert Jahren möcht ich gelesen werden“, hat sie sich gewünscht, was in Erfüllung ging. Ohne die Erfinderin des Kaffeefilters, Melitta Bentz, wäre diese Sammlung nicht vollkommen, die sich zudem als soziales Gewissen ihres bedeutenden Familienunternehmens erwies. Oder Sängerin Claire Waldoff, nach deren „… Beene … janz Berlin verrückt“ war. Mit dabei natürlich Helene Wessel, die als eine der „Mütter des Grundgesetzes“ gilt, und das „fliegende Fräulein“ Thea Rasche, die als Friedensbotschafterin um die Welt flog. Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die u.a. in Bielefeld Jura studierte, hat mit ihrer Haltung Stärke gezeigt. Und Anja Niedringhaus dokumentierte als Fotografin Kriegsschauplätze. Starke Frauen eben.