Nein, ein Buch ist sicher kein klassisches S.O.S.-Geschenk (Schlips, Oberhemd, Socken)! Damit verschenkt man Mußestunden zum Eintauchen in eine andere Welt. Dabei wird der Horizont ganz bestimmt nicht enger. Unsere Tipps:

Penelope Fitzgerald

Die Buchhandlung / Insel Taschenbuch / 8 €

Eine wunderbare Wiederentdeckung für alle, die Bücher lieben – die analogen aus Papier, die es zum Glück immer noch gibt – ist dieser erstmals bereits 1978 erschienene Roman von Penelope Fitzgerald. Präzise und gut beobachtet erzählt sie von der verwitweten Florence Green, die einen mutigen Plan umsetzt. Mitten im verschlafenen Hardborough eröffnet sie eine Buchhandlung. Und während sie von unerwarteter Seite Unterstützung erhält, begegnen ihr in dem kleinen Städtchen auch einige Widersacher, die so gar nicht an die Notwendigkeit ihres Unterfangens glauben. Als Florence dann auch noch wagt, die Neuerscheinung eines gewissen Vladimir Nabokov im Schaufenster zu präsentieren, tritt sie einen Skandal los.

Martin Suter

Allmen und der Koi / Diogenes / 22 €

Man muss Allmen einfach mögen. Mit seinen geschliffenen Umgangsformen wirkt der falsche „von“ ein wenig aus der Zeit gefallen. Er lebt auf viel zu großem Fuß und doch findet man diesen Größenwahn amüsant, ja schon charmant. Denn Stil geht dem versierten Kunstkenner einfach über alles. In seinem neuen Fall wird Allmen von einem Unbekannten beauftragt, selbst der Einsatzort bleibt bis zu Landung auf Ibiza geheim. Auch wenn sich Allmen ein etwas exotischeres Ambiente gewünscht hätte, macht er sich mit seinem treuen Gefährten Carlos an die Arbeit. Er soll den abhandengekommenen Koi – auf der Insel der Reichen und Schönen ein begehrtes Sammlerstück – für einen schwerreichen Musikproduzenten wieder aufspüren. Der neue Allmen gehört auf jeden Fall zu den besten der Reihe.

Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten / Lübbe / 12,90 €

Schon bei „Er ist wieder da“ lotete Timur Vermes die Grenzen des satirisch Erträglichen aus. Dieses Mal hat er sich das Thema Flüchtlinge vorgenommen und eine so bitter-böse Geschichte ersonnen, bei der man häufig nicht weiß, ob man lachen soll oder ob einem bei so viel Zynismus nicht schon richtig übel wird. Tragisch dabei: Timur Vermes hat genau beobachtet und eigentlich nur noch eine kleine Schippe draufgelegt. Die Realität ist nämlich nicht so richtig weit weg. In Vermes Welt hat Deutschland eine Obergrenze für Asylsuchende eingeführt, Europa hat sich abgeschottet. Jenseits der Sahara entstehen riesige Lager, in denen Millionen von Flüchtlingen auf eine Perspektive warten. Die bietet sich dem jungen Lionel, als die deutsche Starmoderatorin Nadeche Hackenbusch das größte dieser Lager besucht. Mit 150.000 Flüchtlingen nutzt er die Aufmerksamkeit des Fernsehpublikums und bricht zum Marsch nach Deutschland auf. Die Schöne und die Flüchtlinge werden zum Quotenhit. Und während sich der Sender über Live-Berichterstattung mit Zuschauerrekorden und Werbemillionen freut, reagiert die deutsche Politik mit hilflosem Wegsehen, Kleinreden und Aussitzen. Ein neuerlicher Rechtsruck ist nicht zu übersehen. Die Spaltung der Gesellschaft wird hinaufbeschworen. Doch je näher der Zug rückt, desto mehr ist der Innenminister gefordert. Was tun? Und in was für einem Land wollen wir eigentlich leben?

Anne Holt

In Staub und Asche / Piper / 11 €

Jonas Abrahamsen hat 12 Jahre für den Mord an seiner Frau im Gefängnis gesessen. Zu Unrecht, davon ist Kommissar Henrik Holme überzeugt. Noch während er mit Hanne Wilhelmsen in diesem Cold Case ermittelt, wird eine prominente Rechtsradikale ermordet. Weder Henrik noch Hanne glauben an die Theorie vom Selbstmord. Warum sollte eine Frau, die in ihren Kreisen als Heldin gefeiert wurde, ihrem Leben ein Ende setzen? Als Hanne eine Verbindung zu ihrem alten Fall entdeckt, ist es fast zu spät, denn Abrahamsen hat ein 3-jähriges Kind entführt und will endlich Rache nehmen. Es ist eine besondere Gabe skandinavischer Krimi-AutorInnen, die gesellschaftlich drängenden und die immerwährenden Themen wie Schuld und Sühne in packende Spannungsliteratur einzuweben. Und Anne Holt spielt in dieser Liga ganz oben mit.

Anne Griffin

Ein Leben und eine Nacht / Kindler / 20 €

Maurice Hannigan, 84 Jahre alt, sitzt allein an einer Hotelbar und schlägt nach und nach noch einmal die wichtigsten Kapitel seines Lebens auf. Fünf Toasts, fünf Erinnerungen an Menschen, die ihm am meisten bedeutet haben. Und mit jedem Glas, das er erhebt, erfahren die Leser mehr über seine Lebenslügen, Niederlagen und verpassten Chancen, aber auch über die freudigen Momente eines langen Lebens. Doch allerspätestens im letzten Kapitel heißt es: Taschentücher bereithalten. Mit viel Einfühlungsvermögen und Tiefgang hat die irische Autorin ihrem Helden eine Stimme verliehen, die lange nachhallt.

Helene Tursten

Sandgrab / btb / 10 €

Ihr zweiter Fall geht Kriminalinspektorin Embla Nyström gewaltig an die Nieren. In einer schwedischen Kleinstadt verschwinden nacheinander zwei Kinder. Schnell gerät ein Teenager, der als ein wenig sonderlich gilt, in Verdacht. Die Ermittlungen geraten ins Stocken, doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Ein Polizist wird tot aufgefunden und in einer Scheune bricht ein verheerender Brand aus. Und immer wieder fragt sich Embla Nyström, ob die beiden Kinder überhaupt noch am Leben sind.

Grégoire Delacourt

Die Frau, die nicht alterte / Atlantik / 20 €

Ganz egal, welches Thema der französische Autor auch anpackt: Seine Bücher lesen sich locker und leicht und entpuppen sich dann doch als Lektüre mit Tiefgang. Für Betty erfüllt sich scheinbar ein Traum: Ganz ohne Schönheits-OP oder Supercreme hört sie unerklärlicherweise plötzlich auf zu altern. Erst ist sie verblüfft und erfreut, doch bald sehnt sie sich verzweifelt nach Lachfalten, Krähenfüßen und grauen Haaren. Denn wie soll sie leben in einer Welt, in der Freundinnen sie missgünstig beäugen, ihr Mann sie verlässt und ihr eigener Sohn sie anderen nicht mehr als seine Mutter vorstellen will? Ein gefühlvolles Plädoyer gegen den Jugend- und Schönheitswahn, das sich wie immer bei Delacourt einfach gut liest.

Harry Bingham

Fiona – Das tiefste Grab / rororo / 10 €

Fiona Griffith, Ermittlerin in Cardiff, kann aufatmen. Nach 453 Tagen gibt’s endlich wieder eine interessante Leiche im beschaulichen Wales. Und was für eine: Eine Archäologin wurde nicht bloß ermordet, sondern auch noch enthauptet. Außerdem steckten drei altertümliche Schwerter in ihrer Brust. Eine Spur führt zu einem Kreis von Gelehrten, die sich mit der Sage um König Artus befassen. Sollte es den mystischen König tatsächlich doch gegeben haben? Fiona braucht professionelle Unterstützung, die sie in der ebenfalls recht eigenwilligen Historikerin Katie findet. Ein unschlagbares Gespann. Das müssen sie auch sein, denn ein weiterer Forscher muss sterben und im Nationalmuseum von Cardiff kommt es zu einer Geiselnahme. Fiona Griffith gilt zu Recht als eine der ungewöhnlichsten Ermittlerinnen in der Kriminalliteratur.