Die Blätter fallen. Es wird früher dunkel. Ideale Bedingungen, um sich eingekuschelt mit einem guten Buch zurückzuziehen und in die fantasievolle literarische Welt abzutauchen. Außerdem kann man so in viel wärmere Gefilde reisen. Wir haben da mal was für Sie vorbereitet.

Outback lesen

Kaum eine Gegend ist lebensfeindlicher als das australische Outback. Sengende Hitze und überall roter Staub. Das bietet reichlich Stoff für hochspannende Geschichten. In Jane Harpers Thriller Zu Staub treffen sich zwei Brüder am Zaun, der ihre Farmen voneinander trennt. Ihre Häuser liegen vier Stunden Autofahrt voneinander entfernt. Cam, der mittlere Bruder liegt tot zu ihren Füßen. Er ist allein in der Hitze gestorben. Suizid? Meisterlich legt Harper mit jeder Seite neue Facetten und Geheimnisse der Beteiligten frei. So eindringlich, dass man meint, die gnadenlose Sonne auf bloßer Haut zu spüren. Nicht minder fesselnd ist Tim Wintons Story über den 15-jährigen Jaxie, der von zu Hause abhaut und sich allein durch das westaustralische Outback schlägt. Ohne ausreichend Wasser ist das eine Kamikaze-Aktion. So landet er in einer verlassenen Goldgräbersiedlung, in der ein alter Mann lebt. Kann er ihm trauen – oder ist der Alte ob der Einsamkeit vollends verrückt geworden. Die Hütte des Schäfers ist ein brutaler und ein sensibler Roman, der wie „Zu Staub“ nicht das australische Reiseidyll zeigt. Chris Hammer hat in seinem gleichnamigen Thriller das Outback (Fischer Verlag) zur Hauptfigur gemacht. Ein Pfarrer erschießt nach dem Gottesdienst aus heiterem Himmel fünf Menschen. Der Reporter Martin Scarsden will wissen warum und stellt fest, dass es mehr als nur eine Wahrheit gibt.

Bianca Marais

Summ, wenn Du das Lied nicht kennst / Goldmann / 12 €

Südafrika 1976: Die neunjährige Robin lebt wohlbehütet in einem reichen Vorort von Johannesburg. Als ihre Eltern während des Schüleraufstands in Soweto ermordet werden, gerät ihre Welt aus den Fugen. Sie kommt zu ihrer unkonventionellen Tante, die einen Deal mit der schwarzen Kinderfrau Beauty geschlossen hat. Beauty allerdings ist nur in Johannesburg, um ihre Tochter zu finden, die seit den Unruhen verschwunden ist. Bianca Marais ist ein höchst berührendes Debüt gelungen, das ein lebendiges Bild des Alltags in der Apartheid zeichnet und eindrücklich belegt, wie unwichtig Hautfarbe und wie wichtig Liebe  ist.

Adam Brookes

Der chinesische Verräter / Suhrkamp / 15,95 €

20 Jahre lang war Peanut nur Gefangener 5995. Weggesperrt in einem chinesischen Arbeitslager gelingt ihm ein gut geplanter Ausbruch. Nun ist er auf der Flucht und muss sich erst in der digitalen Welt zurechtfinden. Die omnipräsenten Kamera ein stetiges Risiko für ihn. Währenddessen recherchiert der britische Journalist Philip Mangan, der sich durch seine seriöse Berichterstattung einen Namen gemacht hat, in Peking zu einer friedlichen Protestbewegung. Immer hart an der Grenze zur Ausweisung durch die chinesischen Behörden. Doch dann nimmt Peanut, der chinesische Verräter, Kontakt zu ihm auf und auch der britische Geheimdienst ist stark an Peanuts Informationen interessiert. Mangan gerät zwischen alle Fronten und in akute Lebensgefahr. Actiongeladener Thriller.

Joana Osman

Am Boden des Himmels / Atlantik / 22,90 €

Israel ist ein kleines und höchst zerrissenes Land. Doch dann geschieht etwas, das die verfeindeten Lager aufmerken lässt. Malek, ein 19-jähriger Palästinenser mit einem großen Herzen und dem Gemüt eines kleinen Kindes, besitzt eine besondere Fähigkeit. Durch ihn werden die Menschen dazu gebracht, ihre Feinde als Menschen zu sehen. Mit dieser Einsicht wird Verständnis möglich. Ein Wunder! Doch nicht alle betrachten diese wundersame Wandlung als Fortschritt, für einige ist Malek eine Bedrohung. Als der junge Mann schließlich verhaftet wird, braucht es den Mut einer palästinensischen Journalistin, eines ausgefuchsten kleinen Jungen und eines bis über beide Ohren verliebten israelischen Doktoranden, ihm zu helfen. In ihrem großartigen Debüt erzählt die Tochter eines palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter vom Alltagsleben in Israel, vom „ganz normalen Hass“ der beiden Lager und wie Offenheit und Furchtlosigkeit Brücken bauen kann. Eine Geschichte, die Mut macht.

Heinz Strunk

Nach Notat zu Bett / Rowohlt / 20 €

Heinz Strunk macht seine Intimschatulle wieder ganz weit auf. Drei Jahre lang hat der Autor und Entertainer öffentlich Tagebuch geschrieben. Erst in der „Titanic“ als Parodie auf Diarien bedeutungsvoller Schriftsteller. Doch dann entwickelte das Tagebuch ein Eigenleben und tauchte tief ein in das Strunk’sche Universum, um als gebundenes Buch wieder atemlos ans Tageslicht zu gelangen. Ein Jahr dürfen wir den Meister des geschriebenen Wortes begleiten und bekommen Alltagsbeobachtungen serviert, erhalten Anregungen zur eigenen, weiterführenden Lektüre, erfahren, was im Privatfernsehen läuft und wie viel Alkohol in die Figur Heinz Strunk hineinpasst. Daneben  Aphorismen, Selbstbeobachtung beim Altern, alberne „Karrieretipps“, manchmal auch Poesie und ganz viel Quatsch. Herrlich!

Jan Peter Bremer

Der junge Doktorand / Berlin Verlag / 20 €

Dieser kurze Roman – kürzlich noch auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis – ist wie für einen Bühnen-Setting aufgebaut, ein Drei-Personen-Stück. Im Hause Greilach herrscht großes Spannungsfieber. Erwartet wird ein junger Doktorand, der, so ist er angekündigt, seine Doktorarbeit über Günter Greilach schreiben will, einen alternden Künstler, dessen Karriere stark im Abklingen ist. Aber auch dessen Frau Natasche erwartet den jungen Wissenschaftler sehnsuchtsvoll, erhofft sie sich von ihm doch Abwechslung im Alltag mit ihrem eitlen, aber ewig mürrischen Künstlergatten. Sie steigern sich beide  in ein Hoffnungsfieber hinein, der Doktorand klopft eines Abend tatsächlich an die Tür, erweist sich aber anders, als ursprünglich erwartet. Das Künstlerehepaar will aber von seinen unterschiedlichen  Illusionen nicht lassen, verbissen kämpfen beide um die exklusive Gunst dieses merkwürdigen, irgendwie stumpfen jungen Mannes. Wie sie sich dabei zerfleischen, das Pfauenrad schlagen und den jeweils Anderen diskreditieren, liest sich absolut vergnüglich. Ein Stück absurdes Theater vom Feinsten

J.L. Carr

Die Lehren des Schuldirektors George Harpole / Dumont / übersetzt von Monika Köpfer / 20 €

Mit diesem in England als Kultbuch verehrten Roman erwies sich J.L. Carr (gestorben 1994) einmal mehr als augenzwinkernder Chronist englischen Gesellschaftslebens. George Harpole, sein Protagonist, arbeitet schon lange an der St. Nicholas, als er vorübergehend auf den Direktorenposten dieser Schule befördert wird. Schon bald sieht er sich neuen Herausforderungen ausgesetzt: eifrigen Reformpädagoginnen, einem grummelnden Kollegium, streitsüchtigen Eltern, störrischen Schülern und natürlich dem trägen Beamtenapparat in den Schulbehörden. Wie er sich da hindurchkämpft, schildert Carr mit verschmitztem Charme, viel Situationskomik und – durch eine Mischung aus Tagebucheinträgen, Beschwerdebriefen und Notizen – sehr abwechslungs- und perspektivenreich.

Karin Kalisa

Radio Activity / C.H. Beck Verlag / 22 €

Die Hörer schmelzen dahin, wenn Radiomoderatorin Nora Tewes ihre Stimme erhebt. Diese Stimme hat etwas Hypnotisches an sich und Nora weiß das zu ihrem Vorteil zu nutzen. Als ihre Mutter im Sterben liegt, fährt sie dorthin und im Abschiednehmen reißt eine alte Wunde wieder auf. Denn ihre Mutter wurde vor langer Zeit Opfer eines Verbrechens. Nora sieht ihre Chance gekommen, den Täter doch noch zu kriegen.  Über ihren Sender, den sie zusammen mit zwei Freunden gegründet hat, mobilisiert sie ihr Publikum, bei der Suche nach dem Täter behilflich und begibt sich damit bewusst in juristische Grauzonen. Spannend, mitreißend und einfach bravourös erzählt. Kalisa wagt viel und gewinnt alles.