Engagiert für Mensch & Tier

Mitten im Oldentruper Industriegebiet summt und krabbelt es. Rings um das Verwaltungsgebäude und auf dem Dach der Firma Halfar, die in in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum feiert, wurden Ausgleichsflächen für Insekten geschaffen. Liebevoll und mit viel Knowhow angelegt. Eigentlich ist es die Aufgabe von Inhaber Armin Halfar, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seiner Frau Kathrin Stühmeyer-Halfar führt, die besonderen Werbetaschen und -rucksäcke in den Markt zu bringen. Doch ein Wirtschaften ohne Nachhaltigkeit ist für das Ehepaar nicht denkbar. Das begann bereits vor 20 Jahren mit der Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des neuen Firmengebäudes. Wir begleiten Armin Halfar bei einem Rundgang um und durch das Unternehmen.

Direkt am Eingang fällt eine üppig bewachsene Fläche samt kleinem Teich auf. „Das sieht etwas wild aus“, lacht der Geschäftsführer, „Da findet Natur statt. Für Insekten ist diese Mini-Insel ein perfekter Lebensraum. Im aufgeschichteten Totholz finden sie Baumaterial für ihre Nester und der Steinhaufen ist ein guter Rückzugsort, wenn es kälter wird, weil es dort frostfrei bleibt.“ Wasser ist in den angelegten Biotopen ebenfalls zu finden – das freut auch die Vögel. Wenn man genau hinguckt, sieht man im Wasser winzige Mückenlarven und die letzten Hummeln des Jahres bedienen sich am Nektar der Kräuter. „Ich habe in den letzten Jahren sehr viel dazugelernt“, berichtet Armin Halfar, der sich für die Begrünung des Unternehmensstandortes in Oldentrup und für das Lager in Altenhagen professionelle Unterstützung von dem Biologen Dr. Philipp Unterweger geholt hat. „Der Schmetterlingsflieder ist beispielsweise eine Mogelpackung. Er stammt aus Asien und zieht zwar Schmetterlinge an, aber der Rüssel der bei uns vorkommenden Schmetterlinge ist schlicht zu kurz, um den Nektar in der Blüte zu erreichen. Die Tiere versuchen es immer wieder und klappen irgendwann total erschöpft zusammen. Wer in seinem Garten oder Balkon etwas für Insekten tun möchte, der entscheidet sich für heimische Pflanzen. Kräuter bieten richtig gutes Futter.“

Da hat es Klick gemacht


Das Interesse für Insekten wurde durch einen Vortrag von Dr. Hans Dietrich Reckhaus entf acht, den er anlässlich der Preisverleihung „Mein gutes Beispiel“ auf Einladung der Bertelsmann Sti ft ung in Berlin hielt. „Wenn wir früher mit unseren Eltern in den Urlaub an die See gefahren sind, mussten wirspätestens in Minden die Autoscheibe von Insekten säubern, heute haben wir auf der Fahrt von Bielefeld nach Hamburg vielleicht noch ein bis zwei tote Fliegen auf der Scheibe. Da hat es bei mir Klick gemacht“, erinnert sich Armin Halfar. Die Insekten-Biomasse ist in den letzten 30 Jahren um etwa 70 Prozent zurückgegangen. „Das hat fatale Auswirkungen auf die Bestäubungen, auf die gesamte Nahrungskett e, denn das reduziert auch die Zahl der Vögel und gefährdet in letzter Konsequenz auch den Menschen. Die Fakten liegen schon lange auf dem Tisch.

Wir müssen nun wirklich auf keine Studie mehr warten. Es ist allerhöchste Eisenbahn. Die Anlage und Pflege einer Grünfläche kostet nicht viel. Gerade in Industriegebieten sind solche kleinen Inseln wichtig, um einen Lückenschluss zu anderen Naturräumen zu ermöglichen, da die Flugreichweite der Insekten begrenzt ist.“ Es beginnt im Kleinen An zwei Stellen am Sitz in Oldentrup wurde das Dach begrünt, mehr war aus Gründen der Statik nicht möglich. „Wir müssen uns in den Städten schleunigst Gedanken darüber machen, wie wir mehr Erde und Bepflanzung über Gebäude bekommen. In den Städten ist es durch das fehlende Grün schon jetzt vier bis fünf Grad wärmer als auf dem Land“, betont der Geschäftsführer. Die Balance zu halten zwischen nachhaltigem Wirtschaften und ökonomischen Handeln, ist zuweilen ein Spagat – auch in Hinblick auf die Sicherung von 122 Arbeitsplätzen. „Wir sind keine Umweltschutzorganisation, aber den Spagat möchten wir so weit wie möglich dehnen“, sagt Armin Halfar, dessen Unternehmen 2005 als ÖKOPROFIT®-Betrieb zertifiziert wurde. „Wir sind zum Beispiel als Unternehmen in Gänze nicht CO2- neutral , aber unsere Gebäude in Oldentrup und unser Lager in Altenhagen sind CO2-neutral. Ebenso unsere Transportwege aus den Herstellungsländern und zu den Kundinnen und wir arbeiten weiter an dem Thema.“ Veränderungen beginnen im Kleinen, z. B. bei der Umstellung der Reinigungsmittel auf bio und geht weiter über die Anschaffung von Hybrid-Fahrzeugen, der Installation von E-Ladepunkten am Verwaltungssitz in Oldentrup bis hin zur Einführung einer eigenen Umwelt- und einer nachhaltigen Beschaffungspolitik. Bei allen Bestrebungen richtet sich das Unternehmen nach den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Das schlägt sich auch in den Produkten nieder. „Unsere Neuheiten sind schon seit einigen Jahren PVC-frei“, berichtet der engagierte Geschäftsführer. „Im Lagersortiment reduzieren wir bei den Taschen schon länger sukzessive den Anteil an PVC-Bestandteilen.“ Umweltschonendere Materialien und CO2-Neutralität sind zwar zunächst teurer, aber auch die Kundinnen stellen zunehmend Anforderungen an die Umweltverträglichkeit. Sie möchten wissen, woher ihre Ware kommt und wer sie wo unter welchen sozialen Bedingungen fertigt. Wir betrachten die Lieferkette in der Gesamtheit. Deshalb arbeiten wir mit Werken zusammen, die wir kennen, denen wir vertrauen und die entsprechend transparent zertifiziert sind.“ Außerdem ist Halfar zahlendes Mitglied der amfori Business Social Compliance Initiative, die unangekündigt Prüfer in Fertigungsbetriebe schickt, um die Einhaltung der Sozialstandards zu sichern. In diesem Jahr wurde Halfar als Gesamtsieger mit dem „PSI Sustainability Award als Sustainable Company of the Year” ausgezeichnet, an dem sich 140 Unternehmen aus ganz Europa beteiligten.

Das war nur in Bielefeld möglich

Mit Taschen hat Armin Halfar nicht erst seit 25 Jahren zu tun. Schon als Kind faszinierte ihn die Nähmaschine der Großmutter, damit nähte er seine ersten Lenkdrachen. Während seines Zivildienstes beim Rettungsdienst entwarf und nähte er die erste Spezialtasche, um Ausrüstung ordentlich zu verstauen. Die Grundidee der Firma Halfar war geboren. Nach seiner Ausbildung als Rettungssanitäter stand noch der Wunsch im Raum, Medizin zu studieren, aber die Taschen waren letztlich stärker. Zunächst im heimischen Schlafzimmer. „Das kann man eigentlich keinem erzählen, wie das aussah“, lacht Armin Halfar. „Wir sind in einen Hinterhof nach Schildesche gezogen. Dort hatten wir im Erdgeschoss die Werkstatt mit fünf Nähmaschen und lebten selbst in der ersten Etage.“ Halfar wuchs und das Unternehmerehepaar machte sich auf die Suche nach einem geeigneten Standort. „Als wir nach einem Jahr nichts Brauchbares gefunden hatten, standen wir vor der Entscheidung: weitermachen oder die Sache beenden. Wir wandten uns an die WEGE. Zwei Herren haben uns liebevoll unter ihre väterlichen Fittiche genommen, uns beraten und letztlich haben wir in Oldentrup neu gebaut. Ich habe Bielefeld sehr viel zu verdanken. Als ich mit 18 Jahren mit Omas Nähmaschine das erste Einzelunternehmen gegründet habe, aus dem sich allmählich das Familienunternehmen entwickelt hat, fand ich in Bielefeld die Infrastruktur aus der nähenden Industrie vor, die ich brauchte. So konnte ich problemlos gebrauchte Industrienähmaschinen anschaffen, Garn kaufen und vieles mehr. Das hätte woanders nicht funktioniert.“ Auch die Medizin hat ihn nicht ganz losgelassen. Viele Wochenenden arbeitete er im Bielefelder Impfzentrum mit, um die Pandemie zu bekämpfen. „Das war für mich eine ganz wertvolle Erfahrung und eine Rückkehr zu meinen Wurzeln.“ ✔