Ohne Sauerstoffgerät unter Wasser atmen oder aus eigener Kraft auf 10.000 Metern Höhe fliegen. Was für Menschen unmöglich wäre, ist für manche Tiere kein Problem. Das Geheimnis ihres Erfolges ist die Art, wie sie Sauerstoff aufnehmen.

Dr. Benjamin Ibler

Übrigens braucht es nicht den Blick auf exotische Tiere in fernen Ländern, um solchen unglaublichen Fähigkeiten zu begegnen. Viel näher liegt da Olderdissen. Seit März leitet Dr. Benjamin Ibler den Heimat-Tierpark und ist fasziniert von der Haltung heimischer Tierarten. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal für Bielefeld“, unterstreicht der 39-Jährige. Der Diplom-Biologe weiß natürlich auch, warum Fische unter Wasser atmen und Gänse den Himalaya überfliegen können. Zunächst betont er allerdings die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier: Alle brauchen Sauerstoff. Die Unterschiede liegen im Detail. So können etwa Einzeller und generell ausschließlich sehr kleine Tiere Sauerstoff über ihre Körperoberfläche aufnehmen. Die Hautatmung liefert allerdings von allen Atmungsarten den wenigsten Sauerstoff. Das wird spätestens für Tiere, die im Wasser leben, zum Problem, denn dort ist wenig Sauerstoff vorhanden. Die Lösung: Fische haben Kiemen entwickelt, mit deren vergrößerter Oberfläche – die Kiemenblättchen können 10 – 60-mal so groß sein wie die gesamte Hautoberfläche – sie den Sauerstoff aus dem vorbeiströmenden Wasser herauslösen. Insekten dagegen atmen über Tracheen – ein verzweigtes Röhrensystem, in das die Luft über viele kleine Atemlöcher am Körper geleitet wird. „Die meisten anderen landlebenden Tiere atmen über Lungen“, so Benjamin Ibler, der ein spannendes Detail hinzufügt: „Die Lunge und die Schwimmblase bei Fischen haben den gleichen Ursprung, das sind evolutionär sehr alte Gebilde.“

Die größten Lungen in Olderdissen haben übrigens Wisent und Pferd. In freier Wildbahn befähigt sie das, in hohem Tempo weite Strecken zurückzulegen. „Aber es kommt nicht nur auf die Größe der Lunge an, sondern auch auf ihren Bau“, betont der vielseitige Zoologe und Tiergartenbiologe. Während Menschen etwa entweder ein- oder ausatmen, strömt die Luft bei Vögeln vereinfacht
gesagt in Kreisläufen durch die Lunge. „Das ist viel effi zienter. Vögel sind Meister der Energieausnutzung, aber sie brauchen auch viel Sauerstoff, denn Fliegen ist eine energieintensive Tätigkeit.“ Tierische Unterschiede gibt es auch bei der Atemfrequenz. Während ein Wolf im Ruhemodus etwa 15-20-mal pro Minute einatmet, bringen es Spitzmäuse auf rekordverdächtige 900 Atemzüge. Und während Bär Max in Olderdissen keinen echten Winterschlaf hält, könnten seine Kollegen in freier Wildbahn die Frequenz auf 1-2 Atemzüge runterfahren.

Neben all diesen erstaunlichen Leistungen gibt es leider auch im Tierreich verschiedenste Erkrankungen der Atemwege – von Erkältungskrankheiten bis hin zu Parasitenbefall wie etwa Lungenwürmern bei Rehen und Wildschweinen. „Wir setzen stark auf Prophylaxe, damit die Tiere gar nicht erst krank werden“, sagt Benjamin Ibler. Impfungen und Entwurmungen zählen dazu, aber vor allem Futter von hoher Qualität und ein Blick darauf, dass die Tiere keinen Stress haben und sich in ihrem Sozialgefüge wohlfühlen. Schließlich sollen in Olderdissen alle ganz entspannt durchatmen können. ✔