Brücken bauen

Knapp 14.000 Kilometer liegen zwischen Bielefeld und Arminias Partnerverein Maritzburg United. Die ersten Kontakte entstanden 2020 – mitten im ersten Lockdown. „Während Corona lag vieles brach, kein Training, keine Spiele“, erinnert sich Finn Holsing, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, der Akademinia. „Wir haben die Zeit genutzt und die Internationalisierung unseres Vereins vorangetrieben.“

Finn Holsing

Zunächst war wegen der Pandemie lediglich der Online-Austausch mit Südafrika zur Entwicklung junger Spieler möglich. Aber schon das funktionierte gut. Selbst ein Fußball-Camp wurde digital auf die Beine gestellt. Mittlerweile haben sich schon zwei Arminia-Delegationen ein Bild vor Ort machen können und die südafrikanischen Verantwortlichen waren ebenfalls bereits zwei Mal zu Gast in Bielefeld.

Im Juni 2022 war Finn Holsing erstmals in Petermaritzburg. Auf dem Programm standen verschiedene Trainingseinheiten mit Juniorenmannschaften, ein Besuch der Partnerschule, sowie in Johannisburg Gespräche mit der Auslandshandelskammer, ein Besuch der Deutschen Schule sowie eine Fahrt zu den Townships. Auch dort wird Fußball gelebt. Gespielt wird auf Schotter, ohne Tore oder Linien, die das Fußballfeld begrenzen. „Etwaige Sprachbarrieren werden schnell unbedeutend. Man muss nur einen Ball in die Mitte werfen und alles andere ergibt sich von allein“, lacht Finn Holsing, Und fügt nachdenklich hinzu: „In Deutschland jammern wir schnell darüber, was wir nicht haben, anstatt uns darüber zu freuen, was wir haben. Mich hat es sehr beeindruckt, mit wie viel Spaß die Kids dabei waren.“

Ein Austausch auf Augenhöhe, das ist auch Heiko Flottmann, sportlicher Leiter des Leistungsbereichs U16 bis U19 und Mitglied der zweiten DSC-Delegation, sehr wichtig. „Es geht nicht darum, dass wir den Südafrikanern erklären, wie Fußball funktioniert oder darum, Talente nach Deutschland zu holen, sondern wir wollen voneinander lernen. Sportlich, kulturell und vor allem auf menschlicher Ebene.“ Darüber berichtete er im November 2022 auf der großen in Durban stattfindenden Konferenz „World Football Summit“.

VONEINANDER LERNEN

Und welche Erkenntnisse konnten die beiden Fußball-Experten bereits gewinnen? „Mein Eindruck ist, dass in Südafrika die Ästhetik, die Eleganz des Spiels sehr wichtig ist“, berichtet Finn Holsing. „Es gibt viele Talente mit guter Ballbeherrschung, die ein hohes Tempo gehen können. Manchmal geht das zulasten der Zielstrebigkeit. Ein ,schmutziges 1:0′ wird nicht so gern gesehen. Das Publikum bejubelt einen fünffachen Übersteiger, auch wenn er völlig sinnfrei ist, euphorischer als einen Torabschluss.“ Und Heiko Flottmann ergänzt: „Unsere südafrikanischen Gäste waren von unserer Trainingsintensität überrascht und dass wir bereits im Kinder- und Jugendbereich viel Wert auf taktische Disziplin legen. Aber in Sachen Spielfreude können wir wiederum noch einiges lernen.“

Heiko Flottmann (hintere Reihe, 4. v. r.)

Vielen Südafrikanern fehlt der Zugang zu guten Nahrungsmitteln, was sich negativ auf die körperliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen auswirkt. „Ernährung ist gerade in der Wachstumsphase ein wichtiges Thema und fängt bereits bei sauberem Trinkwasser an“, so Finn Holsing. „Wenn man sieht, dass Kinder zum Teil Wasser aus einer Pfütze schöpfen, ist das eine Erfahrung, die erdet.“ Zusammen mit der Erkenntnis, dass man in Anbetracht der Armut in den Townships nie allen gerecht werden kann. „Wenn wir Trikots, Bälle oder Schuhe mitbringen, ist das leider nie genug.“

Arminia setzt auf eine nachhaltige Kooperation mit Maritzburg. „Es wäre großartig, wenn wir mit unseren Partnern vor Ort dauerhaft eine Fußballschule etablieren könnten. Und unseren U-Mannschaften eine Reise nach Südafrika ermöglichen können“, sind sich die beiden Nachwuchs-Spezialisten einig. Das wäre sicherlich eine prägende Erfahrung. ✔

Foto: DSC Arminia Bielefeld