Internationales Begegnungszentrum Friedenshaus e.V.

Gleich zu Beginn des Gesprächs räumt Christiane Telles-Esseling mit einem Vorurteil auf. „Manche meinen, das IBZ sei nur ein Ort für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, das stimmt nicht“, unterstreicht die Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Es ist ein Begegnungszentrum, wo alle mit- und voneinander lernen. Ein Ort der Vielfalt und Weltoffenheit, an dem alle politisch und kulturell Interessierten willkommen sind.“

Genau so hat die Brasilianerin selbst das Internationale Begegnungszentrum Friedenshaus (IBZ) kennengelernt, als sie 2011 nach Bielefeld kam. „Die interkulturelle Atmosphäre hat mir gefallen. Es ist eine gute Gelegenheit Menschen kennenzulernen, wenn man neu in der Stadt ist.“ 1981 wurde das IBZ als selbstorganisiertes Begegnungszentrum gegründet. Seitdem können sich hier Menschen unterschiedlicher Herkunft treffen, diskutieren und politisch aktiv werden. „Diversität sehen wir nicht als Schwierigkeit, sondern als Bereicherung“, so die Philosophie des Teams.

Unter einem Dach sind verschiedenste Angebote gebündelt. So ist das IBZ Träger zweier Bildungswerke nach dem Weiterbildungsgesetz. Das Institut für Friedenserziehung (IFF) ist ein allgemeines Bildungswerk mit Integrationskursen sowie Sprach- und Kreativangeboten. Das Interkulturelle Bildungswerk Friedenshaus (IBF) ist ein politisches Bildungswerk. Darüber hinaus gibt es Integrationskurse, Migrationsberatung, einen Frauentreff und ein breites Angebot für Kinder und Jugendliche. Oft geht es um ganz unbürokratische, konkrete Unterstützung. „Als die Schulen wegen Corona geschlossen waren, hat mein Kollege Hausaufgaben ausgedruckt und sie verteilt, denn viele Familien haben zuhause keinen Drucker“, so Christiane Telles-Esseling. Überhaupt hat sich durch Covid-19 auch im IBZ einiges verändert. So können sich (Stand 10.9.20) derzeit die rund 30 selbstorganisierten Hausgruppen nicht treffen. „Aber wir erweitern gerade das Online-Angebot und sind auch auf Facebook präsent“, so die Wahl-Bielefelderin.

Themen wie Nachhaltigkeit spielen im IBZ ebenso eine Rolle wie Rassismus und Gewalt. So gibt es regelmäßig einen Workshop über die Selbstermächtigung von Menschen, die sich nicht sicher oder rassistisch diskriminiert fühlen oder mit direkter Gewalt konfrontiert sind. „Es ist uns wichtig, bei dieser Thematik Haltung zu zeigen“, so die 41-Jährige. Die Journalistin, die ihren Mann in New York kennenlernte, hat selbst zum Glück nur positive Erfahrungen gemacht. „In Bielefeld habe ich mich von Anfang an sehr willkommen gefühlt.“ Gut hineinversetzen kann sich die Brasilianerin, die mittlerweile eingebürgert ist, dagegen in alle, die Deutsch lernen. „Als ich hier ankam, konnte ich nur ‚Hallo‘ und ‚Wie geht’s‘ sagen“, lacht sie. „Aber ich bin sehr aufgeschlossen, das hat geholfen und Türen geöffnet. Um sich zu integrieren, sind Sprache und Arbeit der Schlüssel.“ Und so hat sich Christiane Telles-Esseling auch durch schwierige Zeiten durchgeboxt. „Als unsere drei Kinder 2017 alle im Kindergarten waren, habe ich den Berufseinstieg versucht, aber die Sprache war die größte Barriere.“ Trotz ihrer exzellenten Referenzen als Journalistin war sie kurz davor aufzugeben. Doch dann bekam sie die Chance im IBZ. Mittlerweile kann sie über die Tücken der deutschen Sprache sogar lachen: „Ich lese gerade ‚Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod‘, dabei finde ich den Akkusativ viel schwerer.“ www.ibz-bielefeld.de