GELIEBT, GEDULDET, GEHASST?

„Eigentlich sind es nur etwa 5 bis 10 Prozent, die Tauben wirklich hassen. Gerade in letzter Zeit haben wir die Erfahrung gemacht, dass vielen Menschen Tauben nicht egal sind und sie sich aktiv um verletzte Vögel kümmern“, sagt Helmut Tiekötter, Vorsitzender des Tierschutzvereins Bielefeld. „Die meisten ärgern sich nicht über die Tauben selbst, sondern über ihre Hinterlassenschaften.“

Schätzungsweise 2.500 Tauben leben in der Stadt – in der Altstadt, am Jahnplatz, an der Stapenhorst- und Stresemannstraße und an vielen weiteren Plätzen. Samt der bekannten Ärgernisse. „Das sind deutlich zu viele“, sagt auch der engagierte Tierschützer, der sich seit über 18 Jahren mit weiteren Ehrenamtlichen für ein gezieltes Stadttaubenmanagement – Bindung der Tauben an Taubenschläge, Geburtenkontrolle, kontrollierte Fütterung – stark macht. Apropos: Wenn richtig, d. h. mit Körnern, gefüttert wird, ist Taubenkot trocken und schädigt so keine Gebäudefassaden. Problematisch ist, wenn Bürger*innen die Tauben mit ungeeigneten Lebensmitteln „versorgen“ oder ihnen weggeworfenes Fast Food unter die Schnäbel kommt. Das verflüssigt die Ausscheidungen. Krankheiten übertragen Tauben entgegen landläufiger Meinung nicht. Lediglich der Feinstaub aus den Federn, der z. B. in den Taubenschlägen beim Auffliegen hochkommt, kann für menschliche Lungen problematisch werden. Spikes oder Netze, um Tauben von Gebäuden fernzuhalten, sind meist vergebene Liebesmüh. „Die Vögel sind intelligent, die Spikes werden einfach ein wenig zur Seite gedrückt und die Taube kann da wunderbar sitzen und brüten. Schräge Leisten aus Acryl-Glas sind besser geeignet“, so Helmut Tiekötter.

ALTERNATIVEN SUCHEN


Die Tierschützer versuchen der Population Herr zu werden, indem sie die Eier gegen Gipseier auszutauschen. Aber dafür müssen sie die Nester auch erreichen können. Hoch oben in Gebäudenischen besteht da kaum eine Chance. Deshalb sollen die Vögel auch am besten in Schlägen, wie dem schön bemalten Bauwagen an der Mindener Straße, wohnen. „Da bleiben die Tiere den Großteil des Tages sitzen. So wird das Verschmutzungsproblem minimiert und wir können die Eier gut austauschen.“ Sie einfach wegzunehmen, ist übrigens keine Option, denn es wird sofort ein neues gelegt. Etwa 800 Eier tauschen die 12 Ehrenamtlichen im Jahr aus und übernehmen auch die tägliche artgerechte Fütterung in der Stadt. „Das ist ein Kraftakt, aber wir sind auf einem guten Weg“, so der Vorsitzende. Mit weiteren Bauwagen über die Stadt verteilt könnte die Population noch besser kontrolliert werden. Ein Schlag ist bereits für den Niederwall geplant. Die Abstimmung mit der Stadt dazu läuft. Immer wieder kommt es vor, dass weiße Tauben bei Hochzeiten fliegen gelassen werden. „Das ist problematisch, denn durch die Züchtung reinweißer Tauben geht der Orientierungssinn verloren. Neulich benachrichtigte uns die Kioskbetreiberin an der Sparrenburg, die zwei völlig erschöpfte Tiere gefunden hat. Sie erkundigte sich, wie sie den Tieren helfen könne. Wir haben sie mit Futter und einer Falle versorgt. Nach einiger Zeit ist es uns gelungen, die Tauben einzufangen. Sie leben jetzt bei uns im Tierheim, weil sie in freier Natur nicht überleben könnten. Die Kioskbetreiberin hätte die Tauben am liebsten behalten. Das erleben wir oft: Wenn Menschen sich mit Tauben beschäftigen, stellen sie schnell fest, dass es wirklich interessante und hübsche Tiere sind.“ ✔

Das Tierheim Bielefeld freut sich über Spenden. Allein für artgerechtes Taubenfutter werden jährlich bis zu 8.000 € benötigt. Dazu kommt zusätzliches Equipment wie Nistschalen und Gipseier, Taubengrit und Reinigungsmaterial.

www.tierheim-bielefeld.de