Manchmal muss man einfach machen. Der Slogan steht nicht nur für die Arbeit der Bielefelder Bürgerstiftung. Sie spiegelt auch die Überzeugung ihres ersten Vorsitzenden Dr. Lutz Worms. Der 66-Jährige hat sich seit vier Jahren zum Anstifter vieler neuer Ideen gemacht. Aus Prinzip. Und für die Menschen dieser Stadt. Sie bewegen ihn, so wie viele andere BielefelderInnen, die sich für die Bielefelder Bürgerstiftung stark machen.

Bielefelder Bürgerstiftung Plakat
Was berührt Sie besonders?

Das Vertrauen, das mich trägt, berührt mich. Und nicht zuletzt bin ich froh, dass ich diese Tätigkeit für die Menschen dieser Stadt wahrnehmen darf. Es gab – seit ich 2015 den Vorsitz übernommen habe – zwei entscheidende Phasen. Mit dem Weggang von Anja Böllhoff war ein struktureller Wandel notwendig. Im ersten Schritt ging es um den personellen und inhaltlichen Umbau auf Basis dessen, was sich bewährt hat. Das war viel Arbeit, denn die Stiftungsarbeit lief drei Jahre lang parallel zu meinem Fulltime-Job in Bethel. Jetzt sind wir – mit Blick auf den Vorstand und was die Arbeit in der Stadt angeht – breit aufgestellt und befinden uns auf einem guten Weg. Auch, was die Vernetzung in der Stadt betrifft. Ich bin glücklich, dass die Arbeit zu jeder Zeit durch eine gute, konstruktive Stimmung geprägt war und ist und für alle Bereiche Menschen da sind, die sich mit Ideen und Kreativität einbringen oder einfach Menschen kennen, die uns unterstützen.

Warum engagieren Sie sich für die Bielefelder Bürgerstiftung?

Sie bietet die Freiheit unabhängig und unpolitisch ehrenamtlich aktiv zu sein. Mit Fragen sozialer Brennpunkte habe ich mich 38 Jahre lang während meiner Arbeit in Bethel befasst. Ich bringe ein Netzwerk und viele Ideen aus Bethel mit, kann also mit meiner Arbeit als Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung mein soziales Engagement anschließen. Denn Gesundheit hängt auch an sozialen Parametern. Betroffen sind z. B. Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten aber auch Alleinerziehende, die sich in prekären Lebenslagen befinden.

“Es wäre schön, wenn es zum guten Ton gehören würde, bei uns Pate zu sein.”
-Dr. Lutz Worms
Warum braucht Bielefeld eine Bürgerstiftung?

Bürgerstiftungen beruhen auf einer besonderen Konzeption. Nicht umsonst gibt es sie in 400 Orten in Deutschland. Kunst, Kultur oder soziale Themen – Bürgerstiftungen nehmen die Themen einer Stadt auf, die für die Menschen relevant sind. Daher ist die Satzung – auch der Bielefelder Bürgerstiftung – breit aufgestellt. So können wir uns in vielen Bereichen einbringen.

Und Ziel ist es, dass der blaue Punkt ins Bewusstsein der Bielefelder vordringt und direkt mit der Bürgerstiftung assoziiert wird: Nach dem Motto: Die machen eine tolle Arbeit für die Stadt.

Dr. Lutz Worms

Die große Bandbreite und die Nähe zu den Menschen sind besondere Attribute von Bürgerstiftungen. Denn die Menschen finden sich, aus der Mitte der Stadt heraus, zusammen. Und zwar unabhängig, losgelöst von politischen, strukturellen und wirtschaftlichen Interessen. So können sich Bürgerstiftungen jederzeit zu Themen positionieren und sich einmischen. Persönliches Engagement, Kreativität und Mut zu Neuem stehen für unsere Potenziale. 

Wofür steht die Bielefelder Bürgerstiftung?

Die Bielefelder Bürgerstiftung steht für die vielfältigsten Themen unserer Stadt. Und sie führt Menschen zusammen, die gemeinsam etwas bewegen wollen: von den Bürgern für die Bürger. Mein erklärtes Ziel ist es, die Bielefelder Bürgerstiftung gemeinsam mit den BielefelderInnen weiterzuentwickeln, sie breit aufzustellen, viele Menschen zu gewinnen und meinen Teil dazuzugeben. Dabei geht es nicht immer nur um Geld. Courage etwas zu tun, aktiv zu werden, Gedanken aufzunehmen, gut, fair und nachhaltig miteinander zu leben – das sind Grundpfeiler einer Gesellschaft. Wir kümmern uns darum für Kinder und Jugendliche ebenso Perspektiven zu entwickeln wie für die alternde Gesellschaft. Denn Bürgerstiftungen sind in jeder Hinsicht ein Stück Zukunft. Professionell, aber auch ehrenamtlich organisiert. Auch das ist ein Prinzip, das in der Bielefelder Bürgerstiftung selbstverständlich Hand in Hand geht. Bei uns werden Projekten und Prozesse angeschoben und in Gang gebracht.

Wie spiegeln sich gesellschaftliche Veränderungen in den Projekten der Bielefelder Bürgerstiftung?

Eine besondere Qualität besteht darin, dass wir Entwicklungen aufnehmen können. Vor 15 Jahren war nicht absehbar, dass Geflüchtete für uns zum Thema werden. Durch den Förderfonds „Wir helfen Geflüchteten in Bielefeld“ konnten – dank großzügiger Spenden aus der Bevölkerung – zahlreiche Projekte unterstützt werden. Sich einzulassen, ist ein großer Vorteil von Bürgerstiftungen. Den Wandel mitzumachen, ein großes Plus. Ebenso sagen zu können: Da sind wir gefragt. Andere Fragestellungen erschöpfen sich dagegen, so wie „Kein Kind ohne Frühstück“. Die Förderung der Grundschulen ist inzwischen schwer umsetzbar. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und bieten in Kitas heute „Fit durch Frühstück“ an. Das ist ein Gewinn für alle. Dort treffen wir auf Erzieher und Eltern und setzen mit dem Thema gesunde Ernährung eine Stufe früher an. Nach Sieker werden wir dieses Projekt auch in Baumheide umsetzen. Sich in Netzwerke einzubringen ist für uns ebenso ein Teil der Arbeit wie der Aufbau von Netzwerken oder die Anmoderation von Themen.

Welche Projekte sind neu dazu gekommen?

Es gibt Altes, was wir neu konzipiert haben. „Aufwind“ ist ein Beispiel. Wir fördern damit junge Menschen über ein Patenschaftsmodell, damit diese über ein Schülerstipendium zu einem guten Schulabschluss gelangen. Wir haben die Patenschaft jetzt von drei auf vier Jahre verlängert, damit der Übergang von Schule in Ausbildung bzw. Studium noch ein Jahr begleitet wird. Wir wollen, dass sich der eingeschlagene Weg gut fortsetzt. „Generationsbrücke“ heißt wiederum ein generationsübergreifendes Projekt. Vier Kitas, eine Grundschule und fünf Senioreneinrichtungen sind beteiligt, um generationsübergreifendes Leben zu pflegen. Es läuft seit zwei Jahren und bringt Menschen zusammen. In Zusammenarbeit mit den Bielefelder Philharmonikern, dem Umweltbetrieb und der Osthushenrich-Stiftung werden wir in diesem Jahr zwei Spielplätze renovieren. Insgesamt betreuen wir zurzeit operativ acht eigene Projekte, dazu kommen noch externe Förderprojekte. Im letzten Jahr waren es fünfzehn. Für das erste Quartal 2019 haben wir bereits fünf neue Projekte ausgesucht, sechs weitere stecken noch in der Pipeline.

Bielefelder und Bielefelderinnen können sich ehrenamtlich für die Arbeit der Bürgerstiftung engagieren. Was braucht es noch?

Das Eigenkapital der Bürgerstiftung langt lange nicht, das heißt, wir müssen für uns über unsere Projekte werben. Dafür braucht die Bürgerstiftung Paten in Form von Unternehmen, Kanzleien etc. die uns finanziell unterstützen, damit wir unsere operative Arbeite fortsetzen und das Geld flexibel einsetzen können. Das heißt, wir sprechen diese auch gezielt auf Jahresspenden an. Es wäre schön, wenn es zum guten Ton gehören würde, bei uns Pate zu sein. Es gibt aber auch konkrete Projekte wie „Ein Baum für Bielefeld“, wo wir zweckgebunden Geldspenden einsetzen. Das sind auch tolle Projekte, aber eben Gelder, mit denen wir nicht flexibel arbeiten können. Dazu braucht es Aktionen wie den Mini-Hermannslauf zugunsten der Bielefelder Bürgerstiftung am 28. April und unser Benefiz-Golfturnier im Bielefelder Golfclub „Birdies for Kids“ am 14. Juli.


Viel hilft viel.

Die Bielefelder Bürgerstiftung sieht sich auch als Netzwerker. Die Vernetzung unterschiedlichster Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben. So findet in Kooperation mit dem Klang!Festival e. V. zum Beispiel jeden Freitag ab 16.30 Uhr in der Bielefelder Nicolaikirche das „after-work-singing“ statt. Zusammen mit dem Umweltbetrieb, mit den Bielefelder Philharmonikern und der Osthushenrich-Stiftung fand im März bereits zum dritten Mal eine Spielplatzaktion statt. Ein in die Jahre gekommener Spielplatz wurde gesäubert, renoviert und ein neues Spielgerät aufgestellt. Eine weitere Kooperation entwickelt sich seit 2018 mit dem Caroline-Oetker-Stift. Darüber hinaus unterstützen mehrere Kooperationspartner wie die Goldbeck –Stiftung, die Universität Bielefeld, die Stadt Bielefeld und die E.+H. Sielemann-Stiftung das Projekt „aufwind“ – das Bielefelder Schülerstipendium. Die Stadtwerke-Stiftung kam wiederum als Kooperationspartner für „Bielefeld couragiert“ zum Einsatz.