Sie retten genießbare Lebensmittel vor der Mülltonne und verteilen diese sozial und fair. Anja Westermann, Insa Remmers und Maja Boßmann arbeiten mit vielen anderen Foodsaver*innen in Bielefeld Hand in Hand, um gegen die Lebensmittelverschwendung etwas zu tun. So wandern gute Lebensmittel in den Mund und nicht in den Müll.

Foodsaverinnen Anja Westermann,
Insa Remmers mit Hund Louie
und Maja Boßmann

515.157 kg Lebensmittel (Stand 10.11.2023) sind seit der ersten Lebensmittelrettung vor elf Jahren nicht in der Tonne, sondern auf den Tischen vieler Bielefelderinnen gelandet. Dafür waren 25.961 Rettungseinsätze notwendig. Ein Teil der geretteten Lebensmittel findet über die öffentlich zugänglichen zwei „Fairteiler“ im Welthaus und in der Uni Bielefeld den Weg in Bielefelder Haushalte. Sie dienen als Übergabeort, ausgestattet mit Kühlschrank plus Regalfläche, damit alle Interessierten untereinander Nahrungsmittel teilen können. Parallel dazu fairteilen die Bielefelder Foodsaverinnen über ihr Verteilernetzwerk gerettete Lebensmittel. „Ich bin mit dem Zustand der Welt nicht zufrieden und finde es wichtig, sich zu engagieren“, sagt Maja Boßmann, die als stellvertretende Vorstandsvorsitzende seit 2023 für foodsharing in Bielefeld aktiv ist. Neben ihrer Zeit steckt sie auch Kraft in die Lebensmittelrettung. Denn so manches Mal gilt es ganze Paletten an Lebensmitteln zu bewegen. Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und der Umwelt sind für die 41-Jährige entscheidende Aspekte für ihr Engagement. „Es ist einfach außerdem sehr erfüllend, wenn man weiß, dass man vielen Menschen mit der Lebensmittelrettung etwas Gutes tut. Es hilft den Menschen und sie helfen der Welt“, betont die Bielefelderin.

Sich ehrenamtlich zu engagieren, ist auch für Insa Remmers schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen. Ob im Tierschutz, im Förderverein der Schule oder im Sport. „Durch Zufall habe ich 2021 eine Foodsaverin kennengelernt. Es ist eine absolut gute Sache“, sagt die Schatzmeisterin, die wie alle Foodsaverinnen angeleitet, eingearbeitet und mit den geltenden Hygienevorschriften – auch mittels eines Quiz – vertraut gemacht wurde und eine Rechtsvereinbarung unterschrieben hat. Wie Maja Boßmann holt sie als Betriebsverantwortliche auch Lebensmittel ab und agiert damit an der Schnittstelle zwischen Betrieben und Verteilstellen. Das Bewusstsein für den sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln begleitet sie seit ihrer Kindheit. „Bei uns wurden Lebensmittel, wenn sie in Ordnung waren, noch nie aufgrund des Mindesthaltbarkeitsdatums entsorgt.“ Darauf, dass die geretteten Lebensmittel genießbar sind, achten die Bielefelder Foodsaverinnen: „Wir sortieren Schlechtes im Vorfeld aus.“ Möglichst ressourcenschonend, sozial ausgeglichen und fair organisieren die Bielefelderinnen auch die Abholung der Lebensmittel durch die Foodsaver*innen. „Nicht jede und jeder hat ein Auto, möchte sich aber sozial engagieren. Deshalb planen wir auch Fußgänger- und Radfahrerslots ein“, erklärt Insa Remmers.

Neben den zwei Fairteilern sorgen private Verteilnetzwerke für die Rettung der Lebensmittel. „Wir kooperieren zum Beispiel mit dem Café Welcome oder Stadtteileinrichtungen wie dem ‚HELLI‘“, erklärt Anja Westermann, die in Bielefeld Botschafterin der Umwelt- und Bildungsorganisation ist und den reibungslosen Ablauf der 38 mit foodsharing kooperierenden Betriebe im Blick hat. „Bei manchen holen wir an jedem Tag der Woche Lebensmittel ab, bei anderen nur alle paar Monate. Allerdings lassen wir allen anderen
sozialen Organisationen, wie der Tafel, den Vortritt. Wir wollen retten, nicht haben.“ Über die ehrenamtliche Projektleitung der Klimawoche Bielefeld für den „Tag der Ernährung“ kam die 34-Jährige 2018 – als auch der Verein gegründet wurde – zu foodsharing.

„Foodsharing ist eine gute Möglichkeit selbst zu handeln. Gleichzeitig setzen wir uns auf politischer Ebene dafür ein, die Wertschätzung für Lebensmittel zu stärken und sehen es als Bildungsauftrag, Aufklärungskampagnen auf den Weg zu bringen“, sagt Anja Westermann, die auch im Rahmen ihrer Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität einen Fokus auf Bildung für nachhaltige Entwicklung setzt. „Denn erschreckend ist, dass ein Großteil genießbarer Lebensmittel immer noch untergepflügt, aussortiert und weggeschmissen wird.“ ✔

Mitte dieses Jahres wird die „Stiftung Solidarität bei Arbeitslosigkeit und Armut“ 25 Jahre alt. Vorstandsvorsitzender Franz Schaible brachte den Stein 1999 ins Rollen. Seitdem ist die Bielefelder Stiftung, mehrfach mit dem Integrationspreis ausgezeichnet, kontinuierlich gewachsen. Mit immer wieder neuen Projekten und Angeboten unterstützt sie solidarisches Handeln in der Gesellschaft, leistet Hilfe zur Selbsthilfe, individuelle Hilfe in Notlagen und ermöglicht trotz Armut Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das Spektrum reicht von der Ausgabe des BielefeldPass über eine Solidaritätspartnerschaft zwischen Bielefeld und Cherkasy in der Urkaine bis zu aktiven Hilfen vor Ort wie
dem Solidar-Kümmer-Mobil, der Pfand-Spende oder Fonds wie den Bielefelder Kinder- oder Sozialfonds.
www.stiftung-solidaritaet.de

Foto, Text: Eike Birk